Staatsanwaltschaft erhebt Mordanklage
Rund vier Monate nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige im Viersener Casinogarten klagt die Staatsanwaltschaft den Ex-Freund an. Er soll sie heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet haben.
VIERSEN/MÖNCHENGLADBACH Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach hat Mordanklage gegen einen 17-jährigen Bulgaren erhoben. Er habe seine 15 Jahre alte Ex-Freundin im Juni in Viersen heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet, sagte Staatsanwalt Stefan Lingens am Dienstag: „Er sah sie als seinen Besitz an und wollte sie lieber töten, als sie jemand anderem zu überlassen.“
Die Gewalttat hatte über die Stadtgrenzen hinaus für Fassungslosigkeit gesorgt. Die Jugendliche rumänischer Herkunft war im Casinogarten mit sechs Messerstichen tödlich verletzt worden. „Die 15-Jährige war arg- und wehrlos“, sagte Lingens. Der Täter habe das Messer völlig unerwartet gezogen und auf seine Ex-Freundin eingestochen. Sie soll sich rund eine Woche vor der Tat von dem 17-Jährigen getrennt haben.
Zu Beginn der Ermittlungen hatte die Polizei keine Hinweise auf den Täter oder die Identität des Opfers gehabt. Die Jugendliche habe keinen Ausweis bei sich getragen, nur einen Zettel, auf dem ein Termin bei einer Drogenberatung vermerkt war. Nach falschen Zeugenaussagen fahndete die Polizei zunächst nach einem Mann mit nordafrikanischem Aussehen, ein 25-jähriger Türke geriet dadurch unter Verdacht. Daraufhin gab es eine Flut von Hasskommentaren und Vorverurteilungen in sozialen Medien.
Eine Freundin der 15-Jährigen brachte die Polizei dann jedoch auf die Spur des 17-Jährigen. Der Tatverdächtige stellte sich zwei Tage später, schwieg aber zu der Tat. Die Ermittler konnten jedoch nachweisen, dass sich Blutspuren des Opfers an seiner Kleidung befanden. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft. Er war der Polizei bereits durch Körperverletzungs- und Drogendelikte bekannt.
Eine Zeuge habe die Tatwaffe bei der Polizei abgegeben, berichtete Staatsanwalt Lingens. Er konnte aber nichts zum aktuellen Stand der Spurenauswertung sagen. „Das Der heutige Remigiusplatz in Viersen war in den 1930er-Jahren durchzogen von Straßenbahngleisen. Inzwischen ist der Platz verkehrsberuhigt, es gibt Bänke, auf denen Passanten eine Pause machen können – zum Beispiel dienstags, nachdem sie auf dem Wochenmarkt eingekauft haben. Der heutige spätgotische Kirchenbau St. Remigius wurde vermutlich um 1484 errichtet und später mehrmals saniert. Im Oktober 1930 war das Gotteshaus wegen starker Risse im Mauerwerk kurzfristig geschlossen worden, die Polizei hatte die Schließung angeordnet. Einen Tag vor Heiligabend war Wiedereröffnung. Messer ist wohl durch viele Hände gegangen und abgewischt worden“, sagte Lingens.
In Viersen war die Anteilnahme nach der Tat groß. Mit Kerzen und Blumen in den Händen zogen wenige Tage nach der Tat rund 350 Menschen durch die Innenstadt, um der ermordeten 15-Jährigen zu gedenken. Am Tatort stellten viele der meist jungen Teilnehmer des Trauermarsches Kerzen nieder. Etliche Menschen lagen sich weinend in den Armen, als der Straßenmusiker Leyliam „Tears in Heaven“auf seiner Gitarre spielte. Die AfD nutzte den Mord an der 15-Jährigen für eine Kundgebung mit rund 40 Anhängern. Etwa 200 Menschen folgten der Gegendemonstration in der Innenstadt, um gegen Gewalt zu protestieren.
Nun entscheidet die Jugendkammer des Landgerichts Mönchengladbach über die Zulassung der Anklage. Ein Prozess werde unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, da der Täter minderjährig ist, sagte Staatsanwalt Lingens.