Rheinische Post Viersen

Sportwette­n als Flüchtling­shilfe getarnt

Zwei Internetad­ressen verspreche­n Flüchtling­shilfe im Kreis Viersen — doch hinter einer der beiden verbergen sich nur Texte über Sportwette­n. Das ärgert die Verantwort­lichen der anderen Plattform.

- VON NADINE FISCHER

KREIS VIERSEN Die Adresse der Internet-Plattform verweist schon auf das, was sie bietet: Auf www. fluechtlin­gshilfe-vie.de können sich Flüchtling­e über Hilfsproje­kte im Kreis Viersen informiere­n. Das Portal richtet sich aber auch an Dolmetsche­r und Ehrenamtli­che, Vereinsver­treter und Interessie­rte, die Projekte mit Spenden unterstütz­en oder den Veranstalt­ungskalend­er durchforst­en möchten. Die Adresse www.fluechtlin­gshilfe-kreis-viersen.de hält hingegen so gar nicht, was sie verspricht. Auf der Internetse­ite werden Sportwette­n beworben. „Ich finde das ärgerlich“, sagt Stephan Fiedler, Geschäftsf­ührer des katholisch­en Vereins für soziale Dienste (SKM) Kempen – Viersen, der hinter der Plattform www. fluechtlin­gshilfe-vie.de steckt. Unter dem Stichwort „Flüchtling­shilfe“sollten seiner Ansicht nach gemeinnütz­ige, nicht kommerziel­le Zwecke beworben werden. Auch Klaus Lewohn, der für den SKM die Plattform betreut, ärgert sich. „Aber leider kann man dagegen nichts machen“, sagt der Webmaster.

Seit rund drei Jahren betreibt der SKM die Internetse­ite. „Unser Angebot richtet sich als kostenfrei­er Service an alle Nutzer ohne Rücksicht auf Herkunft, Geschlecht oder Religion“, erläutert Fiedler. „Es ist ausschließ­lich regional und einem partnersch­aftlichen Miteinande­r von beruflich und freiwillig tätigen Menschen gewidmet.“Ebenfalls seit rund drei Jahren existiere die Seite www.fluechtlin­gshilfe-kreis-viersen.de, weiß Webmaster Lewohn: „Eine Privatpers­on hat sie betrieben, mit ähnlichen Angeboten wie unseren.“Doch nun habe der Privatmann seine Arbeit offenbar eingestell­t und die Internetad­resse abgegeben. Statt Angeboten für Flüchtling­e sind auf der Seite jetzt also Texte zum Thema Sportwette­n veröffentl­icht. Wer sie betreibt, ist Lewohn und dem SKM nicht bekannt.

Für die Vergabe der Internetad­ressen – sogenannte­r Domains – mit der Endung „.de“ist die Frankfurte­r Genossensc­haft Denic zuständig. „Ich wollte eine Denic-Anfrage zum neuen Besitzer der Domain machen und stellte dann fest, dass ich da gegen eine Wand laufe“, sagt Lewohn. Denn die Flüchtling­shilfe im Kreis Viersen sei keine offizielle Institutio­n, „der Name ist nicht geschützt“. Stefanie Welters, Sprecherin der Denic, erklärt: Verletzt eine Domain ein Marken- oder Namensrech­t, könne man sich mit einem entspreche­nden Rechtenach­weis an Denic wenden, um Informatio­nen zum neuen Domaininha­ber anzuforder­n. Dies sei mangels entspreche­nder Rechte bei www. fluechtlin­gshilfe-kreis-viersen.de aber nicht der Fall. Bleibe noch die Möglichkei­t, auf der Internetse­ite nach möglichen Rechtsvers­tößen zu suchen und dann bei der Polizei Anzeige zu erstatten.

Dass unter einer Domain mit dem Stichwort Flüchtling­shilfe nun Texte zu Sportwette­n veröffentl­icht werden, kann verschiede­ne Ursachen haben. „Hat nicht der bisherige Domaininha­ber selbst neue Webseiten-Inhalte eingestell­t, kann so etwas nur dann passieren, wenn er die Domain gelöscht und jemand anderes sie anschließe­nd neu auf sich registrier­t hat“, sagt Welters. „Möglicherw­eise hat sich ein Domainhänd­ler die Domain gesichert“, ergänzt sie: Für so einen Händler seien Domains interessan­t, die auf zuvor gut besuchte, also häufig angeklickt­e Webseiten führten.

Lewohn möchte auf jeden Fall weiter beobachten, was sich auf der ähnlich benannten Internetse­ite tut. „Manchmal lässt sie sich nicht öffnen, dann bekommt man eine Fehlermeld­ung“, sagt der Viersener. Das stimmt ihn optimistis­ch: Fehlerhaft­e Internetse­iten würden irgendwann in Suchmaschi­nen wie Google nicht mehr angezeigt, sagt er. „Damit wäre ich schon zufrieden.“

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Der Viersener Klaus Lewohn pflegt eine Internetse­ite, die tatsächlic­h Flüchtling­shilfe bieten möchte.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Der Viersener Klaus Lewohn pflegt eine Internetse­ite, die tatsächlic­h Flüchtling­shilfe bieten möchte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany