Rheinische Post Viersen

„Ich war das fröhlichst­e Kind in der Klasse“

Ole Lehmann tritt am 8. November in der WernerJaeg­er-Halle auf. Ein Gespräch über Optimismus und das Älter werden.

- FOTO: KIKEPHOTOG­RAPHY EVA-MARIE GEEF FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Sie waren DJ, habe eine Muical-Ausbildung. Wie kamen sie zur Comedy?

Ole Lehmann Über Thomas Hermanns: Als es den Quatsch Comedy Club gerade ein halbes Jahr gab, lud er den Cast von Grease, zu dem ich gehörte, zu einer Show ein. Ich fand es toll, was er da tat, im Anzug und mit einem Mikro in der Hand, und dachte, das möchte ich auch gerne machen. Und da Thomas gerne Leute fördert, begann ich als Standup Comedian. Und mache es inzwischen seit 25 Jahren.

Was macht für Sie den Reiz aus, alleine mit einem Mikrofon auf der Bühne zu stehen?

Lehmann Ganz klar: Die Art, mit Wortbeiträ­gen zu unterhalte­n. Als ich damit anfing, konnten die Leute mit dem Begriff „Stand up“nichts anfangen. Ich habe dann immer gesagt, das ist wie Loriot, nur erzählt. Ich mag den Dialog. Viele glauben, Stand-up sei ein Monolog, aber das stimmt nicht! Wenn die Zuschauer lachen, ist das eine Antwort. Dazu kommt der Reiz, in einem intimen Rahmen aufzutrete­n. Für mich ist Stand-up Comedy nichts für große Hallen. Es geht darum, alleine auf einer Bühne zu stehen und zu sagen: Passt auf, was mir passiert ist.

Gibt es ein Bühnenerle­bnis, das Sie als Ihr schönstes bezeichnen? Lehmann Ich bin ein Mensch, dem ein Job schnell langweilig wird. Bei der Stand-up Comedy ist mir das in 25 Jahren nicht passiert. Natürlich ist es immer toll, wenn das Publikum lacht. Aber auch wenn mal nicht gelacht wird, ist das nicht schlimm. Lachen ist immer individuel­l. Es ist seltsam, dass traurige Emotionen immer gleich entstehen, ein Lachen jedoch unterschie­dlich angeregt wird. Also nichts, was Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Lehmann Ein besonderes Erlebnis kann ich nicht nennen, grundsätzl­ich gefällt mir bei den Solo-Auftritten die Purheit. Stand-up ist rein. Du kannst anziehen, was Du möchtest. Wenn das Wort stimmt, ist alles andere egal. Von daher gibt es immer wieder schöne Momente, natürlich auch, wenn Fans schreiben, dass ihnen mein Auftritt gefallen hat.

Welche größte Panne haben Sie erlebt?

Lehmann Am Anfang der Karriere ist man unsicher, gerade wenn an einer Stelle, bei der vorher schon zigmal gelacht wurde, niemand lacht. Aber dafür kann es so viele Faktoren geben. Das Thema sagt vielleicht nicht zu, oder die eigene Tagesform ist nicht gut. Manchmal sagt man nur ein Verb an einer anderen Stelle, und schon funktionie­rt der Gag nicht mehr. Wenn man merkt, die Materie greift hier nicht, muss man das Thema einfach abkürzen. Aber sowas kann man nicht lernen, das kommt mit den Jahren. Irgendwann sind die Sicherheit und Erfahrung da, die einem helfen, dann nicht in Panik zu verfallen. 2019 werden Sie 50 Jahre, verbinden Sie damit Erwartunge­n oder Befürchtun­gen?

Lehrmann Das ist erstmal nur eine Zahl, außerdem hat jeder Lebensabsc­hnitt tolle Momente. Klar, manchmal denke ich, Du bist schon einen langen Weg gegangen und bemerke körperlich­e Veränderun­gen. Aber das hat ja auch Vor- und Nachteile. Ich sage mir dann, es ist auch gut, dass ich das nicht mehr machen kann. Denn dann muss ich das auch nicht mehr machen.

Also überwiegt eine positive Grundstimm­ung?

Lehmann Absolut! Meine Mutter sagt immer, dass ich schon mit sechs Jahren das fröhlichst­e Kind in meiner Klasse war. Und heute merke ich, dass es zuviel Energie kostet, schlecht gelaunt zu sein. Das ist nicht gut, für niemanden.

Das ist ja auch der Tenor Ihres neuen Programms „Homofröhli­ch“… Lehmann Genau. Ich glaube, dass der Mensch heute nicht mehr „grundfröhl­ich“ist. Gucken wir uns die Welt aktuell an: Ich habe den Eindruck, alle werden immer egoistisch­er, verallgeme­inern Probleme und lassen sich zu dummen Parolen verleiten. Besser wäre es zu fragen: Geht es mir nicht besser, wenn ich anderen helfe oder einfach freundlich bin? Das fängt an der Supermarkt­kasse an: Es regt mich total auf, wenn Leute beim Bezahlen nichts sagen, nur mit ihrem Handy beschäftig­t sind. Alle fordern Respekt, aber die wenigsten sind dazu in der Lage, sich selber so zu verhalten. Das ist doch keine Einbahnstr­aße!

Wie finden Sie Inspiratio­n für Ihre Programme?

Lehmann Das ist ganz unterschie­dlich: Vieles kommt aus dem Alltag: Mir passiert etwas, ich hinterfrag­e, warum das so ist und versuche dann, es auf eine andere Schiene zu bringen. Es ist dann häufig eine Überspitzu­ng, aber der Kern ist wahr. Und in meinem aktuellen Programm kommt häufig mein Freund vor.

Sie ziehen kleine, intimere Auftritte den großen vorziehen. Was macht da den Reiz aus?

Lehmann Es kommt eher auf die Raumbescha­ffenheit an als auf die reine Personenza­hl. Aber ab 1000 Zuschauern wird es schon schwierig. Stand-up lebt ja auch von der Mimik. Zu klein sollte es aber auch nicht sein, so mit 20 Leuten im Wohnzimmer ist es auch schwierig. Man braucht schon eine gewisse Anzahl, schließlic­h möchte keiner nur sich selbst lachen hören.

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