Mehr Lehrverträge und Lehrstellen
Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Viersen ist erfreulich: Die Zahl der Ausbildungsverträge ist um fünf Prozent gestiegen, die der Lehrstellen um 20 Prozent. Noch immer suchen Firmen Nachwuchs.
KREIS VIERSEN (RP) Der Ausbildungsmarkt hat sich positiv entwickelt: Im IHK-Bezirk wurden in diesem Jahr mehr Lehrstellen vermittelt als im Vorjahr. Die Daten stellten Vertreter von Industrieund Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der Kreishandwerkerschaften Niederrhein und Mönchengladbach sowie der Agenturen für Arbeit Krefeld und Mönchengladbach jetzt vor. Aber: Die Unternehmen am Niederrhein suchen unverändert Auszubildende – und stellen ein.
Die Zahl der bei der IHK neu eingetragenen Ausbildungsverträge lag zum Stichtag 30. September mit 4446 Verträgen deutlich über dem Vorjahresniveau (4340). Dabei ist die Lage je nach Region unterschiedlich. „Im Kreis Viersen sowie in Mönchengladbach und Krefeld konnten wir deutliche Zuwächse verzeichnen, im Rhein-Kreis Neuss nicht“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. So wurden im Kreis Viersen 835 Verträge abgeschlossen; 2017 waren es 795. Am gesamten Mittleren Niederrhein wurden 2,4 Prozent mehr Ausbildungsverhältnisse bei der IHK eingetragen, NRW-weit sind es lediglich 1,6 Prozent mehr.
Dies bewertet Steinmetz vor dem Hintergrund zweier Faktoren besonders positiv: Zum einen sinkt die Zahl der Schulabgänger und Bewerber, zum anderen nimmt das Interesse am Studium zu. Erfreulich sei am Mittleren Niederrhein vor allem der Zuwachs an gewerblichen Ausbildungsverhältnissen mit einem Plus von 5,5 Prozent.
Ein Problem sei laut Steinmetz aber der Mangel an Fachkräften: Dieser Trend sei bei den Betrieben in der Region inzwischen deutlich spürbar angekommen und stelle ein wesentliches Risiko für die konjunkturelle Entwicklung dar. „Flexibilität auf beiden Seiten ist ein Schlüssel zur Fachkräftesicherung“, sagt Steinmetz. So könnten Unternehmen auch junge Menschen ausbilden, die nicht zu hundert Prozent den Anforderungen entsprechen. Außerdem könnten Schüler, Eltern und Lehrer die Chancen einer Dualen Ausbildung entdecken, auch wenn der erste Ausbildungsberufswunsch nicht aufgehe oder weitere Anfahrtswege in Kauf genommen werden müssten. Denn die Duale Ausbildung sei modern und digital – und damit attraktiv für junge Menschen.
Laut der Agentur für Arbeit Krefeld und Kreis Viersen gibt es eine gestiegene Zahl an ausbildungssuchenden Jugendlichen und an angebotenen Ausbildungsstellen. Insgesamt haben mit 4500 Bewerbern 143 Jugendliche mehr als im Vorjahr bei der Berufsberatung nach einer Ausbildungsstelle gefragt. Das ist eine Steigerung von 3,3 Prozent.
Die Arbeitsagentur hatte 3582 Ausbildungsstellen erfasst. Damit ist das Angebot gegenüber dem Vorjahr um 18,8 Prozent (567 Stellen) gestiegen. Rein rechnerisch standen somit hundert Bewerbern 80 Lehrstellenangebote offen; im Vorjahr lag das Verhältnis bei hundert zu 69. „Wenn man sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt ansieht, erkennt man eine Verbesserung gegenüber den Vorjahren“, sagt Bettina Rademacher-Bensing, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld. Frühzeitige Bewerberakquise durch Besuche an allen Schulen der Berufsberatung sowie die verstärkte und frühzeitige Ansprache von Arbeitgebern hätten in diesem Jahr ein Plus bei den Ausbildungsstellen und der Bewerberzahl ermöglicht. „Bei stark nachgefragten Berufen, die in der Zukunft gute Beschäftigungschancen versprechen, konnte eine Steigerung erzielt werden“, so
Ra- dermacher-Bensing. Jedoch werde deutlich, dass im Kreis Viersen noch immer Angebote fehlen, um allen Jugendlichen die Chance auf einen guten Start in das Berufsleben zu ermöglichen. Auch Jugendliche müssen intensiv nach einer Lehrstelle suchen. Die Eltern sollten dies unterstützen. „Allein in unserem Agenturbezirk werden etwa 170 verschiedene Ausbildungsberufe angeboten“, sagt die Vorsitzende der Agentur-Geschäftsführung. Jugendliche, die jetzt noch ohne Lehrstelle seien, sollten sich unbedingt über Alternativen zum Wunschberuf informieren und die Berufsberatung nutzen.
Zum Ende des Berufsberatungsjahrs am 30. September waren 493 Jugendliche bei der Agentur für Arbeit gemeldet, die noch eine Ausbildungsstelle suchten und auch noch keine Alternative gefunden hatten. Dies waren 29 Jugendliche mehr als im Vorjahr. Ende September waren aber auch noch nicht alle Lehrstellen besetzt: Für 342 Stellen (137 mehr als im Vorjahr) suchten Arbeitgeber noch Bewerber. „Bei der angesprochenen Vielfalt und den noch offenen Ausbildungsstellen gibt es auch jetzt noch Chancen“, so Radermacher-Bensing. „Wir werden auch in den nächsten Wochen alle Anstrengungen unternehmen, diese Jugendlichen zu vermitteln.“Neben der individuellen Beratung und der Vermittlung von Ausbildungsstellen können auch Kosten übernommen werden, die bei Vorstellungsgesprächen oder der Aufnahme eines weiter entfernten Ausbildungsplatzes entstehen, falls der Jugendliche dies nicht selbst aufbringen kann.
Das Handwerk in der Region konnte das Ausbildungsniveau leicht steigern. Zum Stichtag 31. Oktober wurden im Bereich der Kreishandwerkerschaft Niederrhein Krefeld-Viersen-Neuss 1570 Lehrverträge neu abgeschlossen: 20 Verträge mehr als im Vorjahr, das entspricht einer Zunahme von 1,3 Prozent. „Die Zahlen belegen, dass das Handwerk nach wie vor für junge Menschen attraktiv ist“, sagt Klaus Koralewski, Vize-Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein. „Gerade die technisch anspruchsvollen Berufe wie Elektroniker oder Kfz-Mechatroniker bieten sehr sichere Arbeitsplätze und hervorragende Zukunftsperspektiven.“Zahlreiche Betriebe würden nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte suchen, sondern auch Nachfolger für die Unternehmensführung. Koralewski: „Das zieht sich durch fast alle Handwerksbranchen.“