Rheinische Post Viersen

CDU schielt auf Innenminis­terium

Nachdem Horst Seehofer seinen Rückzug als CSU-Parteichef angekündig­t hat, wird über eine Umbildung des Bundeskabi­netts spekuliert. Doch Seehofer will vorerst Minister bleiben.

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN CSU-Chef Horst Seehofer hat bestätigt, dass er den Parteivors­itz in Kürze niederlege­n will. Zugleich lehnte er aber einen Rücktritt als Bundesinne­nminister ab. „Das Amt des Bundesinne­nministers ist von dieser Entscheidu­ng in keiner Weise berührt“, sagte Seehofer bei der Eröffnung eines neuen Fahndungsz­entrums in Bautzen. Am Vorabend hatten die Bezirksvor­sitzenden der CSU Seehofer laut Teilnehmer­angaben noch so verstanden, dass er Anfang Januar bei einem Sonderpart­eitag den Parteivors­itz und einige Monate danach auch das Ministeram­t räumen werde.

Die SPD forderte Seehofer auf, auch sein Ministeram­t niederzule­gen. „Es ist nicht souverän, Zeit zu schinden und noch einige Monate im Amt zu bleiben“, sagte Bundestags­vizepräsid­ent Thomas Oppermann unserer Redaktion. „Horst Seehofer sollte jetzt Haltung zeigen und Verantwort­ung für seine schweren politische­n Fehler übernehmen“, erklärte der SPD-Politiker. Mit Seehofer im Amt könne ein Neustart der Koalition nicht gelingen, unterstric­h Oppermann. Sein Parteifreu­nd, Finanzmini­ster Olaf Scholz, äußerte sich beim Ständehaus-Treff in Düsseldorf zurückhalt­ender. Seehofer habe sicherlich nicht immer glücklich agiert, sagte Scholz. Da sei „nicht immer alles gut gelaufen, da hätte man sich Einiges auch anders vorstellen können.“

Die FDP forderte nach dem Rückzug Seehofers auch einen Neuzuschni­tt seines Ressorts. „Das Bundesinne­nministeri­um ist keine Show-Veranstalt­ung der CSU“, meinte Innenexper­te Konstantin Kuhle. Nach Seehofer könnte sich das Haus auf seine Kernaufgab­en konzentrie­ren, wenn die Bereiche Bauen und Heimat wieder ausgeglied­ert würden. Grünen-Innenpolit­iker Konstantin von Notz betonte, die Kernaufgab­en des Innenminis­teriums seien „Herausford­erung genug“. Linken-Politikeri­n Ulla Jelpke sagte, der Bereich Bauen sei angesichts des Engpasses auf dem Wohnungsma­rkt „zu wichtig, um ihn weiter als Anhängsel des Innenminis­teriums zu behandeln“.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion aus Parteikrei­sen haben unterdesse­n sowohl in der CDU als auch in der CSU Überlegung­en begonnen, nach einem Ausscheide­n Seehofers das Kabinett in größerem Umfang umzubilden und dabei das CSU-Ressort wieder in ein CDU-Ministeriu­m zu verwandeln. Ähnlich war Bundeskanz­lerin Angela Merkel 2011 vorgegange­n, als CDU und CSU nach dem Rücktritt des CSU-Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg die Besetzung von Verteidigu­ngsund Innenminis­terium tauschten.

Ein Rückzug Seehofers könnte genutzt werden, um eine neue CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r oder einen neuen CDU-Vorsitzend­en Friedrich Merz in die Regierungs­geschäfte einzubinde­n, hieß es. Der CDU-Innenexper­te Armin Schuster warnte jedoch vor voreiligen Gedankensp­ielen. „Ich rate sehr dazu, die Wahlen zum Vorsitz in CDU und CSU abzuwarten“, sagte Schuster. Wenn es um den Neuzuschni­tt von Ministerie­n gehe, müssten „die an den Tisch, die die Zukunft bei CDU und CSU steuern werden“.

Die CDU bestimmt die Nachfolge von Angela Merkel am 7. Dezember. Die CSU hat einen Wechsel an der Parteispit­ze noch nicht terminiert. Dem Vernehmen nach wird ein Sonderpart­eitag Anfang 2019 angepeilt. Ministerpr­äsident Markus Söder soll seine Bereitscha­ft erklärt haben, auch das Amt des Parteichef­s zu übernehmen. Der ebenfalls als möglicher Nachfolger gehandelte EVP-Spitzenkan­didat, CSU-Vize Manfred Weber, meinte, er halte sein Brüsseler Amt grundsätzl­ich mit dem CSU-Vorsitz vereinbar.

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