Rheinische Post Viersen

Hrubesch geht mit Nullnummer in Rente

Mit einem 0:0 der deutschen Frauen-Nationalma­nnschaft gegen Spanien sagt der Europameis­ter von 1980 nach 43 Jahren im Profi-Fußball Tschüss. 2019 zieht es Hrubesch nach Neuseeland – rein privat.

- VON JANA LANGE FOTO: IMAGO

ERFURT (sid) Triste Kulisse, durchwachs­ene Leistung: Ausgerechn­et beim letzten Hurra von Horst Hrubesch ist die Siegesseri­e der deutschen Fußballeri­nnen unter der Trainer-Ikone gerissen. Nach dem Startrekor­d mit sieben Erfolgen in sieben Spielen mussten sich der Interimsco­ach und seine „Mädels“im Härtetest gegen Spanien mit einem 0:0 begnügen.

Vor nur 3169 Zuschauern in Erfurt stoppte der spielstärk­ste Gegner der Ära Hrubesch den Höhenflug der vergangene­n acht Monate. Nun übernimmt Martina Voss-Tecklenbur­g die Auswahl. Ihr Ziel: Die Olympiasie­gerinnen bis zur WM im Sommer in Titelform bringen.

„Es ist unheimlich schnell zusammenge­wachsen. Das macht einfach Spaß. Ich hoffe, dass die Mädels den Weg weitergehe­n“, sagte Hrubesch im ZDF: „Ich werde mit Freude verfolgen, was da jetzt rauskommt.“Kapitänin Alexandra Popp ergänzte: „Wir haben ihm viel zu verdanken. Dass er uns wieder in die Spur gebracht hat.“

Nächstes Jahr steht zusammen mit Ehefrau Angelika eine Traumreise ab Neuseeland an. „Nur auf der faulen Haut werde ich nicht liegen“, sagte der Europameis­ter von 1980, der vor Anpfiff schon ein wenig ergriffen drein schaute, als die deutsche Nationalhy­mne durchs Steigerwal­dstadion tönte.

Fernab vom Parallelun­iversum Männer-Profifußba­ll hatte Hrubesch Werte wiedergefu­nden, für die er schon immer stand. Zwar fragte er nach dem 5:2 am Samstag gegen Italien beiläufig die Journalist­en nach den Bundesliga-Ergebnisse­n, doch die finanziell­en Auswüchse der Branche gehen ihm gegen den Strich.

„Ich bin mit diesen Summen schon lange nicht mehr einverstan­den. Wenn ich die Zahlen lese, dann wird mir angst und bange“, sagte der EM-Held von 1980, der sechs Jahre nach dieser Sternstund­e von Rom bei seinem Ex-Klub Rot-Weiss Essen seine illustre Trainerlau­fbahn begann.

Seit 2000 arbeitete das einstige Kopfballun­geheuer in diversen Funktionen beim Deutschen Fußball-Bund. 18 Jahre später schließt sich der Kreis für den kernigen, aber immer geradlinig­en Mann mit dem sensatione­llen Gespür für Talente und Menschenfü­hrung. „Ich bin dankbar, dass ich das hier noch mitnehmen durfte“, sagte Hrubesch über das unverhofft­e letzte Kapitel.

Im März sprang der DFB-Sportdirek­tor wieder einmal in die Bresche. Steffi Jones musste gehen, da die so erfolgsver­wöhnte Frauen-Auswahl erstmals die WM-Teilnahme zu verpassen drohte. Als sich dann die erste Option, Ex-Chefausbil­der Frank Wormuth, zerschlug, fackelte die pflichtbew­usste Allzweckwa­ffe nicht lange. Vor der Staffelübe­rgabe an die von ihm selbst ausgewählt­e Martina Voss-Tecklenbur­g gibt er nun offen zu: „Wenn ich 60 wäre, hätte ich selber weitergema­cht.“

Seine wieder aufgeblüht­en Schützling­e werden den Chef mit der natürliche­n Autorität und dem reichen Erfahrungs­schatz vermissen. „Es war eine prägende Zeit mit Horst“, sagte Mittelfeld­spielerin Lina Magull. Von einer solchen Legende lerne man „für sein Spiel, aber auch fürs Leben“.

Nun rückt für Hrubesch die Familie in den Mittelpunk­t, das hat er seiner Angelika versproche­n. „Meine Frau lässt sich sonst scheiden“, hat er mal erklärt. Nochmal soll die große Traum-Reise des Hobby-Anglers und Pferdezüch­ters nicht verschoben werden.

Es geht per Auto durch Neuseeland, 50 Tage lang, dann weiter nach Malaysia, Singapur, Hawaii und Las Vegas. „Man weiß nicht, wie lange der Faden noch hält“, sagte Hrubesch, „und ich möchte noch ein paar andere Dinge erleben.“Abseits vom Fußball.

Und wenn der DFB in der nächsten Notlage doch anruft? „In Neuseeland geht kein Telefon.“Dann vielleicht eine neue Rolle? „Mal sehen, was passiert.“Eines aber schließt er kategorisc­h aus. Bei seiner alten Liebe, dem Hamburger SV, wird Hrubesch kein Amt übernehmen. „Das wird nicht passieren.“

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FOTO: DPA Die Zeit ist reif, um aufzuhören: Horst Hrubesch blickt am Dienstag nach seinem letzten Spiel als Trainer der deutschen Fußballfra­uen auf die Uhr.
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FOTO: IMAGO Hrubesch als Spieler des HSV in der Saison 1978/79.
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FOTO: IMAGO Hrubesch erholt sich im Quartier der DFB-Elf bei der WM 1982.
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Hrubesch und Neuer feiern den Gewinn der U21-EM 2009.

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