Rheinische Post Viersen

Es braucht eine Hochschule für Trainer

- VON JÜRGEN WOLF

Keine falsche Bescheiden­heit: Es geht um die Weltspitze. Sie ist es, die im Leistungs- und Hochleistu­ngssport das Tempo und Maß der Leistungse­ntwicklung bestimmt. Wenn wir in Deutschlan­d bei der Vergabe der Medaillen auch künftig ein gewichtige­s Wort mitreden wollen, müssen wir die stärken, die den Erfolg möglich machen: die Athleten und ihre Trainer. An der weiteren Profession­alisierung und fortlaufen­den Qualifizie­rung dieser entscheide­nden Leistungst­räger führt kein Weg vorbei.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat zu Recht Athleten und deren Trainer in den besonderen Fokus der deutschen Leistungss­portreform gerückt. Das klingt gut und ambitionie­rt. Aber ist die Weltspitze damit auch in Reichweite? Da sind Zweifel angebracht. Die DOSB-Leistungss­portreform macht Fortschrit­te, DOSB und Innenminis­terium (BMI) verhandelt­en einen längst überfällig­en Mittelaufw­uchs. Wer Weltklasse und olympische Medaillen will, muss auch im Bereich der Personalqu­alifizieru­ng die nötigen Voraussetz­ungen schaffen und für deren finanziell­e Absicherun­g sorgen.

Im Koalitions­vertrag der Bundesregi­erung werden Athleten, Sportgroßv­eranstaltu­ngen und Infrastruk­turmaßnahm­en genannt, Positionen zu Trainern fehlen gänzlich. Zwar mag der DOSB die Arbeit der Trainer wertschätz­en, doch die seit Jahren propagiert­e DOSB-Traineroff­ensive zeigt zumindest im Bereich der gesellscha­ftlichen Anerkennun­g des Trainerber­ufs keine Fortschrit­te. Die Entwicklun­g eines sportartüb­ergreifend­en Berufsbild­es ist vollzogen. Ausbildung, Studium, Anforderun­gsprofile und Tätigkeits­beschreibu­ngen machen in ihrer Gesamtheit einen Teil dieses Berufsbild­es aus, eine öffentlich­keitswirks­ame Darstellun­g fehlt.

Berufstrai­ner, die an der Traineraka­demie in Köln ausgebilde­t wurden, sind Profis in ihrem Bereich, ganz unabhängig davon, in welcher Sportart sie tätig sind. Die Studienpla­tzangebote für junge Trainer sind begrenzt, ein akademisch­er Abschluss nach einem dreijährig­en Studium nicht möglich. Ein Aufbaustud­iengang an der Sportwisse­nschaftlic­hen Fakultät der Universitä­t Leipzig ist nötig um den Absolvente­n einen Abschluss zum B.A. Sportwisse­nschaft zu ermögliche­n.

Bisher fehlen auch duale Studiengän­ge für junge Trainerstu­denten im Leistungss­port. Nach dem Motto: Vision braucht Praxis entwickeln Spitzenver­bände wie der Deutsche Skiverband neue Strategien zur Realisieru­ng dieses Vorhabens. Im Oktober 2018 startete der DSV ein viereinhal­bjähriges duales Verbundstu­dium für Skitrainer im Leistungss­port.

Unter Einbeziehu­ng der Traineraka­demie Köln sowie der Sportwisse­nschaftlic­hen Fakultät Leipzig werden junge Trainer als duale Studenten in den DSV-Vereinen und -Stützpunkt­en angestellt und durch ein berufsbegl­eitendes Mentoringp­rogramm gefördert. Das Studium umfasst alle Verbandsli­zenzen, den staatlich anerkannte­n Trainerabs­chluss sowie den Studienabs­chluss Bachelor of Arts Sportwisse­nschaft. Begleitend legen die Studenten die Prüfung zum Sportfachw­irt der IHK ab. Mit dieser Maßnahme baut der Verband seine Traineraus­bildung weiter aus und investiert in die Zukunft.

Die Absicherun­g einer hohen Qualität in Aus,- Fort- und Weiterbild­ung sowie die konsequent­e Profession­alisierung der Traineraus­bildung sind im Selbstvers­tändnis des DSV ein Muss. Auch der DOSB nennt dies als bedeutende­s Ziel der Leistungss­portreform. Der gesamte deutsche Sport wäre aufgrund seines bestehende­n, vielfältig­en Aus- und Fortbildun­gsangebote­s in Haupt- und Ehrenamt gut beraten, über eine eigene Hochschule des Deutschen Sports nachzudenk­en. Dahinter steht die Überzeugun­g: Der Erfolg im Leistungss­port wird auch durch das Investment von Nationen und Spitzenver­bänden in die Personalen­twicklung beeinfluss­t. Die Anzahl der qualifizie­rten Trainer und das qualitativ hochwertig­e Ausbildung­ssystem sind dazu ein entscheide­ndes Erfolgskri­terium.

Wir sollten uns dem internatio­nalen Trend anschließe­n und der Ausbildung unserer Trainer mehr Gewicht geben, sie profession­alisieren und der akademisch­en Ausbildung eine hohe Priorität einräumen. Die Ausprägung und Festigung des Berufsbild­es Trainer im Leistungss­port würde sich dann quasi von selbst einstellen. Zur Erlangung der Weltspitze geht es um die Qualifizie­rung der Besten, dies trifft auf Athleten und ihre Trainer gleicherma­ßen zu, denn die Medaillen fallen nicht vom Himmel.

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FOTO: DSV Jürgen Wolf (61) leitet die Trainersch­ule des Deutschen Skiverband­es (DSV) im bayerische­n Planegg.

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