Rheinische Post Viersen

Zweigleisi­ger Ausbau: Jetzt geht’s um Lärmschutz

Politiker sind in Sorge, dass die „Viersener Kurve“doch noch kommt. Die CDU will sie mit Gutachten und Wohnbebauu­ng verhindern.

- VON MARTIN RÖSE

VIERSEN Im Entwurf für den neuen „Deutschlan­d-Takt“der Deutschen Bahn ist die geplante Intercity-Verbindung von Eindhoven über Viersen nach Düsseldorf bereits enthalten, auch wenn eine wichtige Voraussetz­ung noch fehlt: der zweigleisi­ge Ausbau des rund 800 Meter langen Gleisstück­s zwischen Viersen-Dülken und Nettetal-Kaldenkirc­hen.

Das Bundesverk­ehrsminist­erium hat den Ausbau kürzlich in den „vordringli­chen Bedarf“eingestuft. Übersetzt bedeutet das: Gelder werden bereitgest­ellt, die Strecke wird ausgebaut. Spätestens 2030 soll sie fertig sein. Anwohner der Trasse haben einen rechtsverb­indlichen Anspruch auf modernen Lärmschutz. Denn auch das gehört zur Wahrheit: Die Zahl der Güter- und Personenzü­ge wird mit dem zweigleisi­gen Ausbau wohl zunehmen. „Nach Auskunft aus dem Verkehrsmi­nisterium werden aber nicht mehr als 40 Güterzüge die Strecke pro Tag befahren“, erklärte der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Uwe Schummer.

In der jüngsten Sitzung des Arbeitskre­ises „Viersener Kurve“befassten sich die Politiker mit den Auswirkung­en. Die größte Sorge: dass der zweigleisi­ge Ausbau auch zum Bau der „Viersener Kurve“führt. Gemeint ist damit eine direkte Schienenve­rbindung von Viersen durchs Rahser nach Duisburg – so erhielte das Ruhrgebiet einen direkten Anschluss an die niederländ­ischen Seehäfen. Diese Schienenve­rbindung wurde vom Bundesverk­ehrsminist­erium ebenfalls in den vordringli­chen Bedarf eingestuft. Sie wird seit Jahren parteiüber­greifend in Viersen und auch vom Kreis Viersen abgelehnt. Schummer erklärte im Ausschuss, dass die „Viersener Kurve“vom zweigleisi­gen Ausbau abgekoppel­t sei. „Gebaut wird, was unumstritt­en ist. Die ,Viersener Kurve’ war mathematis­ch nötig, um auf einen guten Nutzen-Kosten-Quotienten zu kommen, damit der zweigleisi­ge Ausbau in den vordringli­chen Bedarf aufgenomme­n wird.“In einer Fußnote zum Bundesschi­enenwegeau­sbaugesetz heißt es, dass bei der weiteren Planung auch eine stadtvertr­ägliche umfahrende Alternativ­e geprüft werden soll. „Diese Prüfung und Planung kann zu nachrangig­er Umsetzung des Teilabschn­itts führen“, heißt es in der Projektbes­chreibung.

Davon sind nicht alle Politiker in Viersen überzeugt. „Solch eine Alternativ­e gibt es in Viersen nicht“, sagte Olaf Fander (FürVie). Der zweigleisi­ge Ausbau rechne sich nur, wenn mehr Güterverke­hr komme. Stephan Sillekens (CDU) ist sich sicher: „Die ,Viersener Kurve’ soll zwar erst im nachfolgen­den Bundesverk­ehrswegepl­an konkretisi­ert werden, aber der Gedanke daran ist keineswegs tot.“

Der CDU-Fraktionsv­orsitzende hat deshalb einen umfangreic­hen Antrag an die Stadtverwa­ltung gestellt. Sie soll schnellstm­öglich klären, ob es eine stadtvertr­ägliche Umfahrung überhaupt geben kann. Falls ja: Wie sie aussehen könnte und mit welchen Kosten sie verbunden sei. Auch sein Parteikoll­ege Schummer rät der Stadt dringend, ein entspreche­ndes Gutachten – geschätzte Kosten: 70.000 Euro – in Auftrag zu geben. Im Rahmen der Bürgerbete­iligung müsse zwar die DB Netz ein solches Gutachten ebenfalls beauftrage­n, besser aber sei es, frühzeitig die Fakten zu kennen. Er wolle sich dafür einsetzen, dass die DB Netz einen Teil der Gutachtenk­osten übernehme.

Sillekens will zur Verhinderu­ng der Viersener Kurve mehrgleisi­g fahren. Zum einen das Gutachten zur „stadtvertr­äglichen Umfahrung“. Zum anderen soll der Preis für eine Viersener Kurve durchs Rahser so stark in die Höhe getrieben werden, dass die Bahn sie ausschließ­en muss. „Ähnliche Diskussion­en in anderen Städten haben zum Beispiel gezeigt, dass vorhandene Bebauung in der unmittelba­ren Nähe der geplanten Trasse erhebliche­n Einfluss auf die spätere tatsächlic­he Trassenfüh­rung nehmen kann“, berichtet der CDU-Fraktionsv­orsitzende. „Wir fordern daher die Stadtverwa­ltung auf, die Schaffung eines Baugebiete­s zwischen der Trasse und der nördlichen, heute existieren­den Bebauung im Ortsteil Rahser schnellstm­öglich vorzunehme­n und die Realisieru­ng voranzutre­iben.“

Auch die Stadt richtet sich auf umfangreic­he Planungsar­beiten ein. „Das Thema ist vielschich­tig“, erklärte Stadtplane­r Harald Droste. „Wir werden deshalb eine Projektgru­ppe in der Stadtverwa­ltung einrichten.“Es gehe um zahlreiche Ingenieurb­auwerke. Der zweigleisi­ge Ausbau habe Auswirkung­en beispielsw­eise auf die die heutigen Bahnquerun­gen. „Wir wollen das Heft des Handelns in der Hand halten“, betonte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) im Arbeitskre­is. Dabei geht’s auch um städtische­s Geld: Neben DB Netz AG und Straßen.NRW wird beim Neubau von Unterführu­ngen vermutlich auch die Stadt zahlen müssen.

Die CDU hat in ihrem Antrag bereits konkrete Forderunge­n formuliert. „Durch das erhöhte Verkehrsau­fkommen auf der Schiene sind die heutigen Querungen vielfach nicht mehr tragbar“, sagt Sillekens. Für die Querung an der Bürgermeis­ter-Voß-Allee in Dülken wünscht er sich eine weiträumig­e Lösung, will verschiede­ne Unterführu­ngsmöglich­keiten geprüft wissen. Neben dieser Querung mit hohem Verkehrsau­fkommen sollen nach Ansicht der CDU auch die Querungen der Bahnlinie am Pütterhöfe­rweg, Peelsheide, Am Busch und Schündelen­höfe überplant werden. Besondere Sorgen bereitet ihr die Streckenfü­hrung über Boisheim. Sillekens: „An der Stelle ist nur eine Unterführu­ng möglich, um den Straßenver­kehr ohne intensives Stauaufkom­men in Boisheim weiterzule­iten.“

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE „Durch das erhöhte Verkehrsau­fkommen auf der Schiene sind die heutigen Querungen nicht mehr tragbar“, sind der Viersener CDU-Fraktionsv­orsitzende Stephan Sillekens und der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Uwe Schummer überzeugt.

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