Rheinische Post Viersen

Leuther restaurier­t alten Bauernhof

Vor vielen Jahren hat sich Tischlerme­ister Michael Zenz in einen alten Bauernhof verliebt. Vor zehn Jahren kaufte er ihn und baut das alte Gebäude seitdem liebevoll um. Aus der einstigen Ruine hat er ein Schmuckstü­ck gemacht.

- VON BIANCA TREFFER

LEUTH Ein breiter roter Sockel, dem sich ein Mauerwerk aus rötlichen Backsteine­n anschließt. Weiße Sprossenfe­nster, eingerahmt von grünen Fensterläd­en. Ein rustikales Emaillesch­ild, das darauf hinweist, dass hier Tischlerme­ister Michael Zenz wohnt. Schon von außen strahlt das alte Haus mit der Adresse Locht 73 in Leuth Behaglichk­eit aus. Und das setzt sich im Inneren des Bauernhaus­es fort. Zenz restaurier­te das alte Schätzchen mit seinen Holznägeln, dem Kastenschl­oss und der Glasscheib­e mit den Ornamenten und Ritzarbeit­en liebevoll.

Jedes einzelne Zimmer strahlt eine ganz besondere Atmosphäre aus und erzählt die Geschichte eines Hauses mit langer Vergangenh­eit. Schließlic­h ist es irgendwann um 1650 gebaut worden und hat viel erlebt. Verliebt war Zenz, der in der Nähe des Bauernhaus­es wohnte, schon immer in das denkmalges­chützte Objekt. Als er erfuhr, dass es zum Kauf stand, traf er vor nunmehr zehn Jahren ganz spontan die Entscheidu­ng, es zu kaufen. „Ich hatte nach dem Kauf einen ersten Termin mit einem Statiker. Der ging mit der Kamera umher und teilte mir dann mit, ich hätte eine Ruine gekauft und er ginge sich lieber ein Bier trinken, als dass er mich zum Kunden nehmen würde“, erinnert sich der Tischlerme­ister.

Als er nach diesem Spruch mit Tränen in den Augen auf der steilen Holztreppe im Haus saß, kam sein Bruder, tröstete ihn und besorgte einen neuen Statiker. Der hatte Augen für Schönes, erzählt Zenz, und sprach statt Ruine von einem netten Häuschen, aus dem man viel machen könnte. Er sollte Recht behalten.

Doch es war ein langer Weg, der über Jahre ging und manche Überraschu­ng barg. Die Außenwände waren von Innen mit Bleiplatte­n vernagelt. Darauf klebten Zeitungspa­pier und Teerbahnen. Dem schlossen sich eine Dachlatten­konstrukti­on mit Folie und Weichfaser­platten an. „Alleine das Entsorgen hat mich ein Vermögen gekostet. Das Haus war zudem nass wie ein Aquarium, weil es durch diese Konstrukti­on nicht hatte atmen können“, erzählt der 58-Jährige. Er konnte in Wände packen und in feuchte Steinmasse hineingrei­fen. Beim Entfernen all dieser Dinge stellte Zenz fest, dass es sich um eine Ständerbau­weise handelte und jede Menge altes Fachwerk vorhanden war. Die urigen Fachwerkba­lken, die noch handgeschl­agen sind, stellen Geschichte pur dar. „Ich habe hier Stellen, an denen ist noch Rinde zu sehen und auch die Kennzeichn­ungen, nach denen einst der Zimmermann arbeitete sind noch auf den Balken zu erkennen“, berichtet Zenz. Er legte die alten Balken liebevoll frei. Heute sind sie ein wahrer Hingucker.

An anderer Stelle hat er einen Teil des alten Mauerwerks gelassen. Ansonsten kam Kalkputz auf die Wände. Er habe das Haus nach den Gegebenhei­ten umgebaut, berichtet der Besitzer. Nichts sei planbar gewesen, da sich das Haus immer wieder anders präsentier­te, erzählt der Leuther. So gibt es aufgrund der früheren Bauweise Gefälle im Haus, die mit Stufen innerhalb der Räume ausgeglich­en werden. Für die Statik musste im Wohnzimmer eine Säule gesetzt werden. Sie ist so geschickt unter das alte, jetzt offen zu sehende Fachwerk gesetzt, dass es scheint, als wäre sie schon immer da gewesen.

„Ich erinnere mich noch, wie es auf einmal laut knackte, als ich in der ersten Etage arbeitete. Ein Stück der Außenwand hatte sich rund drei Zentimeter nach außen gebeugt“, sagt Zenz. Eine Balkenkons­truktion mit Zwingen wurde angebracht, und das Ganze wurde mit Beton ausgegosse­n, um wieder Halt zu geben.

Ein Schmankerl­n ist seine Tür zum Wohnzimmer. Sie hat rund 180 Jahre auf dem Buckel. „In dem Haus befand sich ehemals die Post, und die Menschen gingen durch genau diese Tür hinein“, berichtet Zenz. Beim Entkernen fand er zwischen den Böden ein altes Obst- und Beerenbuch aus dem Jahre 1954. Eine Rarität, die jetzt einen speziellen Platz in seinem Bücherschr­ank hat. Zu den Fundstücke­n gehört außerdem ein altes Bild mit dem Titel „Häusliche Tugenden“. Stilvoll gerahmt

ziert es nun den Eingangsbe­reich.

Im Innenhof fand Zenz den alten Brunnen wieder und mauerte ihn wieder auf. Den Kauf im Jahr 2008 hat der Tischlerme­ister nie bereut. „Ich habe über Jahre auf einer Baustelle gewohnt und meine ganze Freizeit in das Haus investiert, aber der Einsatz hat sich auf der ganzen Linie gelohnt“, resümiert Zenz. Der Leuther hat in unzähligen Arbeitsstu­nden und mit der Unterstütz­ung von Familie und Freunden ein Schmuckstü­ck geschaffen, in dem der alte Charakter des Hauses weiterlebt.

 ?? RP-FOTOS (3): JÖRG KNAPPE ?? Jahrelang lebte Michael Zenz auf einer Baustelle, den Kauf des alten Bauernhofs hat er trotzdem nie bereut.
RP-FOTOS (3): JÖRG KNAPPE Jahrelang lebte Michael Zenz auf einer Baustelle, den Kauf des alten Bauernhofs hat er trotzdem nie bereut.
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Wie Zenz berichtet, wurde das heute unter Denkmalsch­utz stehende Gebäude um 1650 erbaut.
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Ornamente wie in der Scheibe dieser Tür hat Zenz erhalten.

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