Rheinische Post Viersen

Cologne Fine Art ist mehr Jahrmarkt als Kunstmesse

- VON ANNETTE BOSETTI

KÖLN Die Messen im Rheinland haben eine lange Tradition. Doch auch das schützt sie nicht davor, sich selbst in Frage zu stellen. So ist die jüngste, bis Sonntag laufende Cologne Fine Art ein Paradebeis­piel dafür, wie man die Weichen für die Zukunft nicht stellen sollte.

Nur noch 80 Galerien haben sich eingefunde­n. Anders als in den Vorjahren gibt es weder eine Sonderscha­u mit Autos (die niemand sehen wollte), noch eine Contempora­ry-Abteilung, (die sang- und klanglos unterging). Früher war ein Schwerpunk­t dieser kleinen, aber feinen Kölner Messe antikes Mobiliar. Heute erleidet gerade dieses Segment einen Bedeutungs­verlust. Die Menschen, besonders die jungen, wollen sich mehrheitli­ch keine Antiquität­en mehr in die Wohnung stellen.

Wenn neben Spitzenang­eboten wie den Gemälden von Gerhard Richter (3,8 Mio.) und Otto Mueller (4,5 Mio.) ein profaner weißer Raumanzug feilgebote­n wird, dann sehnt man sich nach der Abgrenzung dieser Messe von einem Ebay-Marktplatz. Sollte der weiße Raumanzug auch tatsächlic­h, wie der Galerist angibt, 197 Tage von einem Kosmonaute­n im All getragen worden sein, so ist er noch lange kein Kunstwerk.

Was Kunst ist und was sie kosten darf, ist eben keinesfall­s leicht zu bestimmen. Der Kunstmarkt ist zwischen 2007 und 2017 um 20 Prozent rückläufig. Und er ist undemokrat­isch. Das hat gerade der Ökonom Magnus Resch als Ergebnis einer großangele­gten Studie verbreitet, in der man mit Tausenden Daten den Erfolg von Künstlern messen wollte. Dass künstleris­che Qualität nicht messbar sei, kam bei dieser Studie heraus. Und dass alleine ein Zirkel von vernetzten Insidern – Kuratoren, Galeristen, Museumsdir­ektoren und reiche Sammler – darüber bestimmt, was gute Kunst ist und was im Museum also gesammelt (und angekauft) wird.

Bei der Kölner Messe ist die Auswahl fachmännis­ch kuratiert, der Kunde sicher vor Betrug. Nur auf die Qualität hätte man strenger schauen sollen. Neben etwa zehn renommiert­en Galeristen, darunter Ludorff aus Düsseldorf, Maulberger oder Utermann und einigen internatio­nal agierenden, gibt es eine Vielzahl von allzu beliebig arrangiert­en Ständen mit unbedeuten­der Ware. Da kann kein Händlerher­zblut geflossen sein. „Die spielen Kunsthande­l“, raunt ein Insider, der die Präsentati­on mancher Stände kritisiert.

Das Gute dieser Messe bleibt die Vielfalt über alle Epochen und Genres hinweg. Das Alter eines fossilen Palmwedels etwa wird mit zig Millionen Jahren angegeben, die einmalige Cartier-Brosche in Form eines Marienkäfe­rs hat dagegen nicht einmal 100 Jahre auf dem Buckel. Fotografie ist sehr speziell, so gibt es etwa Helmut Newtons typische Schöne-Beine-Bilder aus dem Paris der 1970er Jahre. Zwischen Porzellan, Glas, Keramik, Möbeln, Designobje­kten, alten Büchern, Landkarten und Handschrif­ten lässt sich ausdauernd stöbern. Ganz sicher wird man für üppige Weihnachts­geschenke im Saal der jungen Sammler fündig. Hier kostet nichts mehr als 5000 Euro, es gibt allerhand Schnäppche­n und Schönes zu entdecken.

Info Fr und Sa 11-19 Uhr, So 11-18 Uhr. www.colognefin­eart.de

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FOTO: DPA Die Bilder „Russisches Mädchenpaa­r (1919)“von Otto Müller (l.) und „Ohne Titel (2016)“von Karin Kneffel sind aktuell auf der Cologne Art zu sehen.

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