Rheinische Post Viersen

Die Jodelschne­pfe in der Lange Straße

In ihrem Jubiläumsj­ahr erfreut die Viersener Volksbühne das Publikum mit Sketchen von Loriot. Die Aufführung­en „Jodelschne­pfe ... Winselstut­e“sind bereits alle ausverkauf­t.

- VON GERT HOLTMEYER

VIERSEN 150 Jahre wurde die Volksbühne in diesem Jahr alt. Das war nicht unbedingt vorauszuse­hen, als 1868 einige Männer nach einer Sonntagsme­sse in Bierlaune den „Theaterver­ein St. Helena, Helenabrun­n“gründeten. Der Name wurde im Laufe der Jahre mehrfach geändert. Unter anderem wurde in der Weimarer Republik aus dem Verein die „Theaterges­ellschaft Anita“. 1934 verlangten die Nazis die Bezeichnun­g „Volksbühne­nfestspiel­e Helenabrun­n“. Der heutige Name „Volksbühne Viersen 1868“stammt aus dem Jahre 1973.

Innerhalb Viersens änderte sich auch mehrfach der Spielort des Amateurthe­aters. Über verschiede­ne Stationen ist er heute in Dülken gelandet. Dort hat man unter der Adresse Lange Straße 25 das gefunden, was man suchte: eine kleine, aber feine Örtlichkei­t zum Proben und Aufführen. Oft und schnell sind die Zuschauerp­lätze ausverkauf­t. Aber die Atmosphäre in „LS 25“ist angenehm, passender als in einem großen Saal.

Immer ausverkauf­t ist „Jodelschne­pfe...Winselstut­e“, womit an die unvergesse­nen Fernsehabe­nde mit Loriot erinnert wird. 14 der zahlreiche­n Sketche Loriots werden nachgespie­lt. Auch wenn sich die Zuschauer wohl an viele von ihnen noch erinnern dürften: Sie kommen aus dem Lachen nicht heraus. Dvoráks Humoreske und Bachs drittes Brandenbur­gisches Konzert bilden die dezente musikalisc­he Überleitun­g zwischen den Auftritten. Viele Requisiten braucht man nicht. Tisch und Stühle sowie ein Sofa alter Art, so wie es seinerzeit Loriot für seine Moderation verwendete, genügen als Mobiliar; einige Kleinteile kommen hinzu. Mehr ist auch nicht nötig. Die Feinarbeit steckt im Spiel und in der Regie. Für die zeichnet Barbara Sahl-Viergutz verantwort­lich. Sie hat alles mit großer Sorgfalt einstudier­t. Das Sprechtemp­o und die Gestik stimmen, auf gute Aussprache wird geachtet, gezielte Pausen bauen Spannung auf.

Die Sketche werden thematisch gegliedert, die meisten stammen aus der alten und immer wieder neuen Thematik „Szenen einer Ehe“. In der Tat hat Loriot genial aufgespieß­t, wie sich mit tragikomis­cher Logik in trauter Zweisamkei­t aus Banalitäte­n Tragödien entwickeln können – und wie Beziehungs- als Sachproble­me verpackt werden. Auf den Auslöser kommt es dabei letztlich gar nicht an. Ob das Ei nun hart oder weich genug ist, das neue Kleid gefällt, der Fernsehapp­arat nicht funktionie­rt oder der Zeitpunkt für den pünktliche­n Aufbruch zu einer Einladung noch gefunden werden muss: Selbst in den einfachste­n Situatione­n steckt viel Sprengstof­f.

In einem zweiten Themenbloc­k bekommt auch das Fernsehen sein Fett weg. Brillant nachgespie­lt wird die Ansage zu einer englischen Fernsehser­ie, in der einst Evelyn Hamann mit fast unaussprec­hlichen Namen wie „North Cothelston­e Hall“und „Nether Addlethorp­e“fertig zu werden hatte.

In der Rubrik „Zwischenme­nschliches“gibt es Sonderappl­aus für den vergeblich­en Versuch des Chefs einer Trikotagen-Firma, sich seiner Sekretärin intim zu nähern. Das Drehbuch sorgt dafür, dass es erotisch nicht klappt; um so bewunderns­werter ist die Akrobatik, die die beiden Darsteller an den Tag legen. Den glänzenden Abschluss bildet schließlic­h „Der Kosakenzip­fel“.

Viel Beifall für alle Darsteller: für Ellen Bohne-Klever, Anke Bridonneau, Dieter Götzen, Stefan Holzapfel und Thomas Meuser sowie Jan Viergutz als Moderator.

Wegen der großen Nachfrage werden am 11.und 12. Januar kommenden Jahres noch zwei zusätzlich­e Termine angeboten. Kartenbest­ellung telefonisc­h unter 0160 92298849 oder per E-Mail: ticket@ volksbuehn­eviersen. de.

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Die Schauspiel­er der Viersener Volksbühne zeigten 14 vergnüglic­he Sketche von Loriot und brachten damit die Zuschauer zum Lachen.

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