Rheinische Post Viersen

Jantschke – der Musterprof­i

Hinter den Nationalsp­ielern Matthias Ginter und Nico Elvedi ist der 28-Jährige nur die Nummer drei in Borussias Innenverte­idigung. Doch wenn er gebraucht wird, ist er da. Nach Ginters Verletzung könnte er in die Startelf rücken.

- VON GEORG AMEND

Die Szene sah direkt übel aus: Der Hannoveran­er Noah Sarenren Bazee krachte in der 37. Minute mit dem Kopf voran in das Gesicht von Borussias Abwehrchef Matthias Ginter, beide gingen zu Boden, Mitspieler beider Teams winkten direkt hektisch zum Spielfeldr­and, um die Mannschaft­särzte zu alarmieren. Für Ginter musste eine Trage kommen, der Nationalsp­ieler hatte sich schwere Gesichtsve­rletzungen zugezogen und musste ins Krankenhau­s. Am Montagvorm­ittag kam die traurige Diagnose: Ginter hat sich den Kiefer gebrochen und eine Fraktur der Augenhöhle. Er wird am heutigen Dienstag operiert und wird Borussia in den kommenden Wochen fehlen. „Das ist ärgerlich, denn Matze war in einer Topverfass­ung. Er ist Vollprofi und wird alles dafür tun, so schnell wie möglich zurückzuke­hren, aber ein bisschen Zeit braucht es trotzdem“, sagte Trainer Dieter Hecking am Tag nach dem souveränen 4:1 gegen Hannover.

Am klaren Erfolg hatte auch der Mann seinen Anteil, der für Ginter in die Partie kam: Tony Jantschke bereitete das 2:1 durch Michael Lang vor, das zum wichtigen Zeitpunkt kurz vor der Pause fiel, und sorgte mit dafür, dass Hannover kein weiterer Treffer gelang. „Das war natürlich unglücklic­h mit Ginni. Das sah ganz schön fies aus“, sagte Jantschke über den Zusammenpr­all. In dessen Folge kam der 28-Jährige immerhin zu seinem achten Bundesliga-Einsatz in dieser Saison, von denen allerdings zwei nur über wenige Minuten gingen.

Jantschke, den die Fans in Gladbach „Fußballgot­t“rufen, ist ein Musterprof­i, der ohne öffentlich­es Murren seine Rolle annimmt. Und die ist in der Regel die des Ergänzungs­spielers in der Verteidigu­ng hinter den Nationalsp­ielern Ginter und Nico Elvedi. Der Schweizer fehlte zu Saisonbegi­nn verletzt, weshalb Jantschke die ersten drei Bundesliga­spiele über die volle Distanz bestritt und auch bei der 2:4-Niederlage in Berlin begann, dort aber zur Pause ausgewechs­elt wurde. Die Konkurrenz­situation im Borussen-Kader sei „brutal“, gab Jantschke nun zu und fügte an: „Auch für mich, wenn du die ersten Spiele machst und dann doch nur die Nummer drei hinten bist.“

Was für ihn gilt, gelte für andere ebenso: „Wir haben viel Qualität auf der Bank und viel Qualität, die wir noch nicht einmal mitnehmen können“, erinnerte Jantschke. „Ein Fabi Johnson, der heute nicht mal im Kader war, oder ein Josip Drmic oder die Jungen, die mit den Hufen scharren. Oder Patrick Herrmann, der in München noch das dritte Tor schießt und dann wieder raus ist. Das ist schon Wahnsinn, dieses Jahr. Wir haben einen sehr, sehr guten Kader und jeder wird gebraucht. Wie Denis Zakaria, der heute reinkommt und das entscheide­nde vierte Tor macht. Das ist unsere große Stärke und das müssen wir alle akzeptiere­n.“

Genau das tut Jantschke, und wenn er gebraucht wird, ist er da. So wie gegen Hannover, als 96 nach der Pause keine wirkliche Torchance mehr hatte, was auch an Jantschkes klarer Zweikampff­ührung lag. Schon vor dem Seitenwech­sel hatte der Verteidige­r mit der Vorlage für Lang seinen ersten Assist in dieser Saison und seinen erst sechsten in 201 Bundesliga­spielen für Borussia gesammelt.

Die Szene, als der abgefälsch­te Pass zur perfekten Vorlage wurde, beschrieb Jantschke so: „Wir verstehen es momentan ganz gut, den Gegner müde zu spielen. Hannovers Stürmer hatten ein hohes Laufpensum, das hat sich ab der 30. Minute bemerkbar gemacht. Ich dribble dann an und habe zunächst noch andere Optionen. Dann habe ich gesehen, dass einer startet, auch wenn ich da noch nicht gesehen habe, dass es Michi ist, und wollte den Ball flach spielen. Ich kriege einen Schubser und dadurch wird es ein perfekter Chip – ein bisschen Glück muss man auch mal haben.“

Angesichts der schweren Verletzung Ginters ist davion auszugehen, dass Jantschke in den kommenden Wochen häufiger die Gelegenhei­t haben wird, seine Qualitäten unter Beweis zu stellen. Hecking nannte am Montag zwar auch Tobias Strobl als möglichen Vertreter, doch Jantschke dürfte die erste Option sein. „Tony hat schon häufiger in dieser Saison bewiesen, dass er schnell reinfindet und sofort seine Leistung bringt. Auf ihn ist zu 100 Prozent Verlass, da genießt er unser vollstes Vertrauen“, sagte Hecking.

Direkt nach der Partie gegen Hannover, als die Schwere der Verletzung Ginters noch nicht bekannt war, sah Jantschke seinen Einsatz in Leipzig noch nicht als sicher an und fügte hinzu: „Wir haben einen sehr guten Kader, es ist eigentlich fast egal, wer da spielt.“Sollte er es tatsächlic­h nicht sein, wird Jantschke seinen Platz wieder räumen. Ohne zu murren. Er ist eben ein Musterprof­i.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Kam für den verletzten Matthias Ginter in die Partie gegen Hannover und bereitete den 2:1-Führungstr­effer vor: Tony Jantschke.

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