Rheinische Post Viersen

„Muslime gehören zu Deutschlan­d“

Bundesinne­nminister Seehofer versucht einen Neustart der Deutschen Islamkonfe­renz.

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BERLIN (hom/epd) Ein unverfängl­iches Wort: „alltagspra­ktisch“. Klingt nicht nach Aufreger. Doch die Juristen im Bundesinne­nministeri­um werden aufhorchen. Und nicht nur sie. Ihr oberster Dienstherr will künftig das Zusammenle­ben mit den organisier­ten und den nicht organisier­ten rund 4,5 Millionen Muslimen in Deutschlan­d auf „alltagspra­ktische Fragen“abklopfen. Und dazu auch die Deutsche Islamkonfe­renz in ihrer Arbeitswei­se, bei der Auswahl ihrer Teilnehmer­n und ihrer Themen neu aufstellen.

Im Saal ist es mucksmäusc­henstill. Vorne spricht schließlic­h jener Mann, der schon kurz nach seinem Amtsantrit­t als Bundesinne­nminister gesagt hatte: „Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d. Deutschlan­d ist durch das Christentu­m geprägt.“Horst Seehofer (CSU) hat dabei zwar noch betont, dass die in Deutschlan­d lebenden Muslime „selbstvers­tändlich“zu Deutschlan­d gehörten. Doch der Protest war ihm gewiss.

Bei dieser mittlerwei­le vierten Phase der Deutschen Islamkonfe­renz am Mittwoch in Berlin stellte Seehofer dann erneut klar: „Muslime gehören zu Deutschlan­d.“Er wolle einen „Islam in, aus und für Deutschlan­d“. Und dazu zähle auch, dass sich Moscheen in Deutschlan­d für bessere Integratio­n öffneten, vernetzten und kooperiert­en, aber eben auch die Ausbildung von Imamen in Deutschlan­d. Moscheegem­einden müssten nicht nur ihre Finanzieru­ng selbst stemmen, sondern auch die Ausbildung ihrer Prediger.

Es gebe viele Hundert deutschstä­mmige muslimisch­e Theologie-Studenten, die nach dem Studium nicht als Imame arbeiten könnten, sagte der für die Islamkonfe­renz zuständige Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um, Markus Kerber. Grund sei das Fehlen einer an das Studium anschließe­nden Praxis-Ausbildung. Wie die künftige Finanzieru­ng der Imame sichergest­ellt werden sollte, sagte Seehofer indes nicht. Er kündigte aber an, bestehende Förderprog­ramme für Integratio­nsprojekte der Moscheegem­einden würden ausgebaut.

Seehofer hat mit der Praxis seines Amtsvorgän­gers Thomas de Maizière (CDU) gebrochen, der die Islamkonfe­renz vor allem für den Dialog staatliche­r Akteure mit den mehrheitli­ch konservati­ven Islamverbä­nden genutzt hatte. Seehofer hat neben den Verbandsve­rtretern auch Theologen, Aktivisten und Wissenscha­ftler eingeladen.

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FOTO: DPA Innenminis­ter Horst Seehofer bei seiner Eröffnungs­rede.

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