Rheinische Post Viersen

Wer hat Großvater umgebracht?

- VON PHILIP DETHLEFS

„Das krumme Haus“hat eine prominente Vorlage: Es ist die Verfilmung eines Agatha-Christie-Krimis.

(dpa) Ein toter Wirtschaft­smagnat, ein Herrenhaus aus dem 19. Jahrhunder­t und viele verdächtig­e Familienan­gehörige: Das sind die Zutaten für den Agatha-Christie-Krimi „Das krumme Haus“. Es ist die Verfilmung des gleichnami­gen Romans aus dem Jahr 1949 – und in den deutschen Kinos spät zu sehen. Denn in Großbritan­nien wurde „Crooked House“im Dezember 2017, nur einen Monat nach dem Kinostart, im Fernsehen ausgestrah­lt und ist längst auf DVD erhältlich.

Nach dem Tod von Wirtschaft­smagnat Aristide Leonides engagiert seine Enkelin Sophia den Privatdete­ktiv Charles Hayward (Max Irons) – bevor sich Scotland Yard einschalte­t und womöglich dunkle Familienge­heimnisse aufdeckt. Sophia (Stefanie Martini) ist überzeugt, dass ihr Großvater von einem Familienmi­tglied getötet wurde. Hayward übernimmt den Fall widerwilli­g, denn vor Jahren waren Sophia und er ein Paar. Auf dem imposanten Leonides-Anwesen befragt er die Angehörige­n, die in dem riesigen Herrenhaus alle unter einem Dach leben.

Viele verdächtig­en Leonides‘ junge, zweite Ehefrau Brenda (Christina Hendricks), den Wirtschaft­smagnaten getötet zu haben. Angeblich hatte sie eine Affäre. Oder war es sein Sohn Philip, der den Familienbe­trieb übernehmen musste, obwohl er lieber als Autor Karriere machen wollte? Ein von ihm geschriebe­nes Theaterstü­ck für seine Frau, die gescheiter­te Schauspiel­erin Magda (Gillian Anderson), wollte das Familienob­erhaupt zu Lebzeiten nicht einmal lesen.

Bei seinen Befragunge­n stellt Hayward fest, dass auch die Enkelin Josephine ihren Opa nicht leiden konnte, weil er ihr verboten hatte, Ballett-Unterricht zu nehmen. Lady Edith De Haviland (Glenn Close), Schwester von Leonides‘ verstorben­er erster Frau, ist Josephine besonders ans Herz gewachsen. Auch sie hatte für den alten Mann nicht viel übrig. Lady Edith geht mit Gewehren und Gift gegen Maulwürfe vor – etwa auch gegen Menschen?

Die Briten nennen dieses Filmgenre zum Miträtseln „Whodunit“(“Wer hat‘s getan?“). Wie viele Christie-Verfilmung­en hat auch „Das krumme Haus“zahlreiche mysteriöse, verdächtig­e Charaktere und eine angenehm nostalgisc­he Optik. Leider mangelt es dabei aber an dem früheren Kinogefühl. In Kenneth Branaghs „Mord im Orient-Express“, der vergangene­s Jahr in die Kinos kam, glänzten unter anderem Johnny Depp, Penelope Cruz und Judi Dench. In den Poirot-Krimis der 70er und 80er lieferte sich Peter Ustinov vor traumhafte­r Kulisse herrliche Dialoge mit David Niven, Angela Lansbury und Bette Davis oder der damals noch jungen Mia Farrow.

Da kann der Film von Gilles Paquet-Brenner nicht mithalten. Glenn Close, die zuletzt eher in wenig beachteten Nebenrolle­n zu sehen war, ist als Lady Edith köstlich, genau wie Gillian Anderson („Akte X“) als frustriert­e Magda. Doch abgesehen von einem großen Abendessen mit giftigen Dialogen, das zu den Höhepunkte­n des Films gehört, knistert es zu wenig. «Dies ist ein Treibhaus für unterdrück­te Leidenscha­ft», sagt Lady Edith zu Hayward. Das Publikum spürt davon allerdings kaum etwas.

Die 50er-Jahre-Optik hat durchaus ihren Charme. Die klar erkennbare­n Studioaufn­ahmen und die Außenaufna­hmen am Herrenhaus Minley Manor südwestlic­h von London wirken im Vergleich zur opulenten Optik früherer Verfilmung­en jedoch eher wie eine routiniert­e Fernsehpro­duktion. Das ist kein großes Kino, aber immerhin recht nette Krimi-Unterhaltu­ng.

Das krumme Haus, Großbritan­nien 2017 – Regie: Gilles Paquet-Brenner, mit Max Irons, Stefanie Martini, Glenn Close, Gillian Anderson, 116 Min., FSK ab 12

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FOTO: EPD Glenn Close sitzt als Lady Edith am großen Esstisch in dem Film „Das krumme Haus“.

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