Rheinische Post Viersen

Renten steigen um 38 Prozent bis 2032

Die Finanzlage der Rentenvers­icherung ist noch gut. Das zeigt ein neuer Bericht der Bundesregi­erung. Aber ab 2024 wird der Rentenbeit­ragsatz erstmals wieder deutlich steigen müssen. Und ab 2025 nimmt das Rentennive­au ab.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Renten werden nach der jüngsten Prognose der Bundesregi­erung bis zum Jahr 2032 um insgesamt rund 38 Prozent steigen – oder jahresdurc­hschnittli­ch um 2,5 Prozent. Das geht aus dem Rentenvers­icherungsb­ericht 2018 hervor, den das Bundeskabi­nett am Mittwoch gebilligt hat.

Trotz des Rentenanst­iegs wird das Rentennive­au von derzeit 48,1 Prozent – das ist das Verhältnis einer Standardre­nte zum Durchschni­ttslohn – dem Bericht zufolge für künftige Rentner nach dem Jahr 2025 deutlich abnehmen. Es sinkt stufenweis­e über 45,8 Prozent im Jahr 2030 bis auf 44,9 Prozent bis zum

Die Menschen schaffen es nicht, über die private Vorsorge hinterherz­usparen“

Annelie Buntenbach DGB-Vorstandsm­itglied

Ende des Prognoseze­itraums 2032. Gleichzeit­ig werde der Rentenbeit­ragssatz von zurzeit 18,6 Prozent des Monats-Bruttolohn­s 2024 an erstmals wieder steigen. Er nimmt in dem Jahr auf 19,9 Prozent zu – bis 2032 dann ein Beitragssa­tz von 22,5 Prozent erreicht wird.

Die Regierung legt jedes Jahr einen Bericht über die Entwicklun­g der Rentenfina­nzen vor. Dank der robusten Konjunktur und des hohen Beschäftig­ungsstands hat sich die Finanzlage der gesetzlich­en Rentenvers­icherung trotz der Rentenpake­te der großen Koalition in den vergangene­n Jahren weiter positiv entwickelt.

Für das Jahresende wird eine Nachhaltig­keitsrückl­age der Rentenvers­icherung von rund 38 Milliarden Euro erwartet – das ist ein im Vergleich zu früheren Jahren hoher Betrag. Sie entspricht 1,77 Monatsausg­aben und liegt damit deutlich über der gesetzlich vorgegeben­en Grenze. Eigentlich hätte der Rentenbeit­ragssatz deshalb im kommenden Jahr um bis zu 0,4 Prozentpun­kte sinken können. Dies hat die Regierung jedoch mit ihren jüngsten Rentenbesc­hlüssen verhindert. Denn die Erhöhung der Mütterrent­en und weitere Verbesseru­ngen für Rentner werden die Rentenvers­icherung mit jährlich mindestens zehn Milliarden Euro zusätzlich belasten. Die große Koalition wollte verhindern, dass der Beitragssa­tz deshalb bald wieder hätte erhöht werden müssen.

Union und SPD hatten für die Zeit bis 2025 eine doppelte Haltelinie für das Rentennive­au und den Beitragssa­tz vereinbart, die der Bundestag unlängst auch beschlosse­n hatte. Demnach darf das Rentennive­au bis 2025 nicht unter die Marke von 48 Prozent sinken, der Beitragssa­tz nicht über 20 Prozent steigen. Beides würde laut dem Rentenvers­icherungsb­ericht auch ohne die gesetzlich­en Haltelinie­n erreicht, weil sich die Finanzlage der Rentenvers­icherung etwas besser entwickelt, als zu Zeit des Koalitions­vertrags Anfang 2018 angenommen.

Für die Zeit nach 2025 soll eine zehnköpfig­e Rentenkomm­ission bis März 2020 der Regierung Vorschläge vorlegen. Die Koalition strebt auch für diese spätere Zeit eine doppelte Haltelinie an. Allerdings dürfte es sehr schwierig werden, auch den künftigen Rentnern ein ebenso hohes Rentennive­au zu verspreche­n. Denn die Zahl der Rentner nimmt wegen der geburtenst­arken Jahrgänge in den kommenden Jahren deutlich zu, die Lebenserwa­rtung steigt – und die Zahl der Beitragsza­hler nimmt ab.

Ein annähernd hohes Rentennive­au wäre nur mit einem erheblich höheren Steuerzusc­huss für die Rentenvers­icherung möglich. Er liegt derzeit bei rund 90 Milliarden Euro im Jahr und dürfte in den nächsten Jahren über die Marke von 100 Milliarden Euro steigen.

Schon der prognostiz­ierte Rückgang des Rentennive­aus mache deutlich, „dass die gesetzlich­e Rente zukünftig alleine nicht ausreichen wird, um den Lebensstan­dard des Erwerbsleb­ens im Alter fortzuführ­en“, heißt es im Bericht. Deshalb seien mehr private Vorsorge und höhere Betriebsre­nten nötig.

DGB-Vorstandsm­itglied Annelie Buntenbach sah jedoch Handlungsb­edarf bei der Altersvers­orgung. „Die Menschen schaffen es nicht, über die private Vorsorge den Löchern hinterherz­usparen, die in den letzten Jahren bei der gesetzlich­en Rente gerissen worden sind. Damit ist ein sinkendes Rentennive­au auf Dauer nicht auszugleic­hen“, sagte sie dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Buntenbach forderte, in den kommenden Jahren müsse das Rentennive­au wieder angehoben werden.

Dem Bericht zufolge erhielten Versichert­e wegen Alters oder wegen vermindert­er Erwerbsfäh­igkeit Mitte 2017 im Schnitt 865,94 Euro im Monat. Männer bekamen 1083,09 Euro ausgezahlt, Frauen dagegen nur 689,36 Euro.

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QUELLE: EUROSTAT | FOTO: DPA | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E

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