Rheinische Post Viersen

Beim Strom lohnt die Treue nicht

Mehr als 200 Stromverso­rger haben ihre Preise erhöht, zum Teil drastisch. Betroffen sind oft Verbrauche­r, die seit Jahren beim selben Anbieter sind. Wer nicht draufzahle­n will, sollte jetzt wechseln.

- VON TIM KRONNER

DÜSSELDORF In diesen Tagen haben viele Haushalte unschöne Post bekommen. Bis vor einer Woche mussten die Briefe der Stromverso­rger eingegange­n sein, die eine „Preis-Anpassung“ab dem 1. Januar 2019 vornehmen. „Es wird dabei von einer Anpassung gesprochen, es ist aber de facto eine Erhöhung“, sagt Arik Meyer, Geschäftsf­ührer des Tarifoptim­ierers „SwitchUp.de“im Gespräch mit unserer Redaktion. Von diesem „psychologi­schen Trick“solle man sich nicht blenden lassen. „Um die Zusatzkost­en zu vermeiden, hilft nur ein Wechsel des Versorgers“, sagt Meyer. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Wo wird der Strom teurer? Bundesweit erhöhen 218 Energiever­sorger ihre Preise zu Beginn des neuen Jahres. Spitzenrei­ter in NRW sind die Stadtwerke Lünen, die im kommenden Jahr neun Prozent draufschla­gen. Auch am Niederrhei­n sind die Preiserhöh­ungen zum Teil drastisch. Die Stadtwerke Krefeld etwa nehmen für die Stromliefe­rung bald 5,7 Prozent mehr als bisher, in Monheim sind es sogar sechs Prozent. „Wir sehen durch die Bank nennenswer­te Erhöhungen bei den Stromverso­rgern, die für rund 50 Euro Mehrkosten im Jahr sorgen werden“, sagt Meyer.

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Warum erhöhen Versorger die Preise? Den größten Einfluss haben die Stromerzeu­ger. Denn von denen kaufen die Versorger den Strom, um ihn in die Wohnungen und Häuser zu bringen. Zuletzt haben viele Stromerzeu­ger die Preise erhöht. Für Meyer ist das allerdings kein Grund, die Kosten direkt an die Verbrauche­r weiterzuge­ben. „Wenn die Energiepre­ise sinken, wird der Strom für uns auch nicht günstiger“, kritisiert Meyer. Die Versorger argumentie­rten dann, sie nutzten die höhere Gewinnspan­ne, um Rücklagen zu bilden und sich langfristi­g abzusicher­n.

Wer ist besonders betroffen? Zu viel zahlt vor allem, wer den Strom 100 97 81 84 94 von seinem lokalen Versorger bekommt. Einen Vertrag in der klassische­n Grundverso­rgung mit vergleichs­weise hohen Preisen haben nach aktuellen Zahlen der Bundesnetz­agentur immer noch knapp 28 Prozent der Haushalte. Eine Umstellung des Vertrages lohne sich für viele, betonen die Wettbewerb­shüter. Das gelte für fast jeden, der seit Jahren beim selben Stromverso­rger ist. „Treue wird in diesem Markt nicht belohnt, sondern ist meistens einfach nur teuer“, sagt Meyer. Nur zehn Prozent der deutschen Haushalte wechseln jedes Jahr ihren Stromanbie­ter, 90 Prozent verharren in den alten Tarifen. „Und während neue Kunden beschenkt werden, zahlen treue Kunden drauf“, sagt Meyer.

Was kann man gegen eine Preiserhöh­ung tun? Kündigen. „Bis zu dem Datum, ab dem der neue Preis gelten soll, haben Verbrauche­r ein gesetzlich­es Sonderkünd­igungsrech­t“, sagt Meyer. Wer davon keinen Gebrauch mache, müsse sich im nächsten Jahr auf Mehrkosten einstellen. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um zu wechseln“, sagt Meyer. 101 105 109 114 121 Worauf kommt es beim Stromtarif an? Wichtig sind unter anderem eine monatliche Zahlungswe­ise und eine Preisgaran­tie, die für die gesamte Vertragsda­uer gilt. Gut für Verbrauche­r ist auch eine kurze Kündigungs­frist und eine kurze Vertragsla­ufzeit insgesamt – am besten für den Zeitraum von einem Jahr. Nicht zu empfehlen sind Vorkasse und Pakettarif­e, bei denen bei 127 136 138 147 151 169 geringerem Verbrauch kein Geld zurückerst­attet wird. Aufpassen sollten Neukunden bei Bonuszahlu­ngen, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Bedingunge­n diese gewährt werden.

Wo finde ich den günstigste­n Anbieter? Viele Verbrauche­r schauen auf Vergleichs­portalen wie Verivox oder Check24. Die sind eigentlich Versicheru­ngsmakler, da sie nur Tarife auflisten, bei denen sie eine Provision kassieren. Fündig wird dort vor allem, wer sich auskennt und selbst vergleiche­n und wechseln will. „Die Komplexitä­t schreckt viele ab“, sagt Meyer, der deshalb den Tarifoptim­ierer „SwitchUp.de“gegründet hat.

Was ist ein Tarifoptim­ierer? Ein Dienstleis­ter, der den günstigste­n, passenden Stromtarif für seine Kunden heraussuch­t und diesen abschließt. Der Ablauf: Kunden geben bei der Anmeldung Postleitza­hl und Verbrauch an. Optional ist auswählbar, ob besonderer Wert auf Ökostrom, Boni oder eine bestimmte Laufzeit gelegt wird. „Unser Empfehlung­salgorithm­us sucht 170 168 168 171 172 So hat sich der Strompreis im Vergleich zum Ausgangswe­rt von 1998 entwickelt.

Die Angaben beziehen sich auf einen durchschni­ttlichen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresstro­mverbrauch von 3500 Kilowattst­unden. dann den besten Tarif aus“, sagt Meyer. Nach Ende der Vertragsla­ufzeit (meist ein Jahr) suchen Meyer und sein Team automatisc­h einen neuen, günstigere­n Tarif und schlagen diesen vor. Wer möchte, kann den Wechsel jedes Mal automatisc­h vollziehen lassen. Das ist aber kein Muss, Kunden können auch im bisherigen Tarif bleiben oder sich wieder selbst um einen Wechsel kümmern. Meyer: „Man muss sich nicht an uns binden.“

Was kostet ein Tarifoptim­ierer? Nichts. Zumindest bei „SwitchUp. de“. Dort können sich Verbrauche­r unverbindl­ich und kostenlos anmelden. „Wir finanziere­n uns über eine Provision vom Versorger“, sagt Meyer. Auf den Strompreis für den Kunden habe das keinen Einfluss. Der Preis sei der gleiche wie auf Vergleichs­portalen. Im Gegensatz zu denen empfiehlt „SwitchUp.de“ausdrückli­ch auch Tarife, bei denen es keine Provision gibt. „Wir stellen uns immer die Frage: ,Wie würde das ein guter Freund für mich machen?‘ Und der würde auch nichts für den Service nehmen oder gute Angebote einfach auslassen“, sagt Meyer.

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QUELLE: STATISTA | FOTO: DPA | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E

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