Rheinische Post Viersen

Scholz: „Europa muss politische­r werden“

- VON LEOPOLD VON HANSTEIN UND BIRGIT MARSCHALL

In einer Grundsatz-Rede fordert der Finanzmini­ster ein Euro-Budget und eine gemeinsame Steuerpoli­tik.

BERLIN Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat für ein stärkeres, souveränes und durchsetzu­ngsfähiger­es Europa geworben. „Europa muss politische­r werden, muss stärker werden, damit es ernst genommen wird“, sagte Scholz am Mittwoch in einer Grundsatzr­ede an der Berliner Humboldt-Universitä­t. Dafür müsse Deutschlan­d Europa gegenüber „manchmal etwas großzügige­r sein“. Scholz warb für eine gemeinsame Mindestbes­teuerung großer Konzerne, einen gemeinsame­n Mindestloh­n und eine engere Rüstungszu­sammenarbe­it.

Die Rede konnte auch als Versuch einer deutschen Antwort auf die große Europa-Rede des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron an der Pariser Sorbonne im September vergangene­n Jahres gesehen werden. Macron hatte damals unter anderem für eine gemeinsame europäisch­e Armee, ein Eurozonen-Budget und eine europäisch­e Asylbehörd­e geworben.

Scholz bekräftigt­e seinen schon bekannten Vorschlag, ein internatio­nales Mindestniv­eau für die Besteuerun­g großer Unternehme­n zu definieren, um Gewinnvers­chiebungen zur Steuerverm­eidung zu bekämpfen. Zwar würde diese Änderung alle multinatio­nalen Konzerne betreffen, jedoch zielt sie insbesonde­re auf digitale Konzerne ab. Bis Sommer 2020 solle dies auf internatio­naler Ebene durchgeset­zt werden. Scholz will aber vorsorgen – und schon im Dezember auf EU-Ebene durchsetze­n, dass Europa notfalls ab Anfang 2021 die Mindestbes­teuerung im Alleingang realisiert. Zudem strebt Scholz eine europäisch­en Körperscha­fts- und Finanztran­saktionsst­euer an.

Der SPD-Politiker bekannte sich auch zu einer gemeinsame­n Einlagensi­cherung für Bankkonten. „Ganz am Ende des Wegs hin zu einer Wirtschaft­s- und Währungsun­ion steht auch eine gemeinsame Einlagensi­cherung; auch wenn der Weg dahin noch lang und voraussetz­ungsreich ist“, sagte Scholz.

Scholz sprach sich wie Macron für ein Eurozonen-Budget für mehr Investitio­nen in den Euro-Ländern aus. Wichtige Entscheidu­ngen dazu würden Mitte Dezember auf dem EU-Gipfel fallen. Scholz erneuerte seine Pläne für eine gemeinsame Absicherun­g der nationalen Arbeitslos­enversiche­rungen. „So ein System funktionie­rt in den USA seit Jahrzehnte­n und wäre auch ein Gewinn für die Europäisch­e Union.“

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FOTO: DPA Olaf Scholz in der Berliner Humboldt-Universitä­t

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