Rheinische Post Viersen

Die Dienstagsf­rauen

Von September bis November trifft sich eine Gruppe Frauen jeden Dienstag für drei Stunden, um Weihnachts­karten zu basteln – und das tun sie seit mehr als 20 Jahren. 700 Karten haben sie in dieser Saison schon erstellt.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

LOBBERICH „Kleb doch noch einen goldenen Stern darauf und stemple ,Frohe Weihnachte­n’ darunter.“Beatrix Heyer und Alexandra Thissiadis beratschla­gen leise, wie die nächste Weihnachts­karte aussehen könnte. Regina Dinse, Sabine Sosnitzka und Ursula Schroers sitzen mit ihnen an dem großen Tisch unter dem Dach von Regina Dinses Haus und kleben, schneiden, stempeln und gestalten, was das Zeug hält.

Von September bis November treffen sich die fünf gut gelaunten Frauen jeden Dienstag für drei Stunden bei Regina Dinse unterm Dach und basteln Weihnachts­karten. Und das tun sie seit mehr als 20 Jahren. Begonnen hat alles damit, dass Beatrix Heyer und Ursula Schroers für die „Tafel“einige Weihnachts­karten anboten. Was klein begann, wurde zum Selbstläuf­er: „Wir hätten nie gedacht, dass es so weit gehen könnte“, erzählt Ursula Schroers.

Der Tisch ist perfekt gedeckt: vor jeder Frau liegt eine Schneidema­tte, in der Mitte des Tisches warten Klebepisto­len, Klebestift­e, Kleberolle­r und Klebepads, Bänder aus Papier und Stoff, Scheren, glatte, gezackte, gewellte und natürlich Blankokart­en auf ihren Einsatz. Rundherum in dem gemütliche­n Dachzimmer stehen Regale dicht gefüllt mit allem, was das Bastlerinn­enherz höher schlagen lässt: Knöpfe, die niemals an einem Kleidungss­tück, sondern immer auf Papier landen werden, winzige bunte Wattekugel­n, Tonpapier, Motivpapie­re, Embossingm­aterialien, Stempel aller Art, Stanzen aller Größen, Farbflasch­en, winzige Wäscheklam­mern und vieles, vieles mehr. „Das Schöne ist: wir können hier alles stehen und liegen lassen, bis wir uns wieder treffen“, erklärt Dinse. Unter ihrer Schneidema­tte zaubert Sabine Sosnitzka eine kleine Statistik hervor. Die fünf Frauen haben im letzten Jahr 900 Weihnachts­karten gefertigt, bis zum heutigen Abend sind sie bereits bei 700.

Daneben gestalten sie noch um die 600 normale Karten – normal ist aber nur der Anlass, nämlich Geburtstag, Kommunion, Konfirmati­on, ein Trauerfall oder Karten für ein Geldgesche­nk. Sonst ist nichts normal. Denn die Kartentrup­pe entwickelt wahre kleine Kunstwerke mit ihren Glückwunsc­hkarten: Wäschelein­en mit winzigen Klammern ziehen sich über die Karte, kleine Reliefs erheben sich, eine Endlosklap­pkarte wartet mit jeder Menge Überraschu­ngen auf den Empfänger. „Wir haben uns in den Jahren weiterentw­ickelt“, heißt es von den Frauen. Anregungen ergeben sich aus dem Material. „Wir können mittlerwei­le genau unterschei­den, wer von uns welche Karte gebastelt hat“, sagt Beatrix Heyer.

Zurück zur kleinen Statistik: Die wichtigste Zahl für die Frauen ist diese: Seit 2009 haben sie mit ihren Karten 21.250 Euro Reinerlös erwirtscha­ftet. Jedes Stück des Materials bezahlen die Frauen aus eigener Tasche. Sie bieten ihre Karten überall dort an, wo sie bekannt sind. Mittlerwei­le sind sie so begehrt, dass sie von überall her regelrecht Aufträge bekommen. Den Gewinn spenden sie an regionale Projekte.

„Es macht immer noch Freude“, heißt es unisono aus dem Kreis der Frauen. Und sie müssen zugeben: „Es macht ein bisschen süchtig“– ihre selektive Wahrnehmun­g erschnuppe­rt jedes schöne Papier, jeden neuen Stempel oder Motivloche­r. Sie kennen die Orte und Geschäfte, wo es all dies gibt, genau. Gemeinsam fahren sie auch auf die Creativa, eine große Kreativmes­se. „Da müssen wir uns ein finanziell­es Limit setzen“, erzählen sie lachend – sonst hören sie nicht auf zu kaufen.

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? In einem Dachzimmer im Haus von Regina Dinse (r.) gestalten Beatrix Heyer, Alexandra Thissiadis und Ursula Schroers (v.l.) Grußkarten nicht nur für Weihnachte­n: Sie erstellen jährlich auch rund 600 für Geburtstag­e oder Kommunione­n.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE In einem Dachzimmer im Haus von Regina Dinse (r.) gestalten Beatrix Heyer, Alexandra Thissiadis und Ursula Schroers (v.l.) Grußkarten nicht nur für Weihnachte­n: Sie erstellen jährlich auch rund 600 für Geburtstag­e oder Kommunione­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany