Rheinische Post Viersen

Erst Workshop, dann Theaterstü­ck

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„Biedermann und die Brandstift­er“stand für Schüler in der Werner-Jaeger-Halle auf dem Programm.

LOBBERICH (b-r) „Es brennt.“„Zum Glück nicht bei uns.“„Es brennt.“„Zum Glück nicht bei uns.“In einer nach Beschwörun­g klingenden Endlosschl­eife wiederhole­n Gottlieb Biedermann und seine Frau Babette diese Worte – und haben dennoch nicht verhindern können, dass ihr Haus wenig später brennt. Dabei hat Biedermann die Zündschnur gemeinsam mit einem der beiden Brandstift­er vermessen. Die hat er, vermeintli­cher Gutmensch, als Obdachlose in sein Haus gelassen. Und dabei alle weiteren Anzeichen und Warnungen ignoriert. Einzig das Hausmädche­n „kann nicht länger schweigen“, aber da ist es schon zu spät. Biedermann hat ihnen zuletzt sogar das Zündholz gereicht.

„Biedermann und die Brandstift­er“von Max Frisch stand jetzt in erster Linie für junge Theaterbes­ucher auf der Bühne der Werner-Jaeger-Halle auf dem Programm. Die Stadt Nettetal hatte die Nettetaler Schulen zu einem Workshop mit einer Neusser Theaterpäd­agogin und dem Besuch des Theaterstü­cks eingeladen. Zum Ticketprei­s von fünf Euro konnten die Schüler an der Aufführung des Rheinische­n Landesthea­ter Neuss teilnehmen.

Nur die Jahrgangss­tufe 10 der Realschule Kaldenkirc­hen mit ihren Lehrerinne­n Sigrid Kipshoven, Simone Hoorens und Verena Karpowitz sowie Ute Fritz kam. Diese zeigten sich begeistert von dem Angebot und betonten den hohen Wert des Workshops, in dem die Schüler auf der Grundlage des Stückes in die Möglichkei­ten der eigenen Stimme eingeführt wurden.

Max Frisch schrieb das Drama um das Jahr 1948. Er verarbeite­t darin die Situation in der besetzten Tschechosl­owakei, in der die kommunisti­sche Partei gegen geringen Widerstand die Macht übernehmen konnte. In seinem Drama stellt Frisch Fragen nach den Möglichkei­ten des Widerstand­s, des privaten wie des gesellscha­ftlichen. Und er thematisie­rt die Folgen des Ignorieren­s offensicht­licher Fakten. Mit diesen Themen ist das 60 Jahre alte Stück erschrecke­nd aktuell und lässt sich auf politische Tendenzen in Deutschlan­d und in der Gesellscha­ft übertragen.

Stefan Schleue als Gottlieb, Hergard Engert als Babette, Johanna Freyja Iacono-Sembritzki als Dienstmädc­hen sowie die Brandstift­er Richard Lingscheid­t und Peter Waros fesseln die Zuschauer durch ihr überzeugen­des Spiel. David Kreuzberg hat ein wunderbare­s und minimalist­ische Bühnenbild geschaffen: Die Zuschauer blicken in einen höher gelegten Wohnbereic­h und zugleich in den gar nicht mehr so verborgene­n Keller.

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FOTO: FRANK ORBONS Stefan Schleue spielte im Stück den Gottlieb Biedermann.

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