Rheinische Post Viersen

„Ich kann einfach nicht Nein sagen“

Der Brachter Bäckermeis­ter Erich Lehnen ist am Mittwoch mit dem Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­net worden. Der 63-Jährige engagiert sich im Brauchtum, in der Politik, für die Heimat und das Handwerk.

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Es gibt wahrschein­lich keinen Brachter, der nie am frühen Morgen aus der Wirtschaft kam und den Duft der Brötchen wahrnahm, die in der Backstube von Erich Lehnen in Hülst gerade aus dem Ofen kamen. Der Bäckermeis­ter ist ein Frühaufste­her – und für viele Vereine ist das ein großes Glück. Über Jahre klingelte der Wecker bei Lehnens morgens um zwei Uhr, dann begann für den Bäckermeis­ter der Arbeitstag. Andere, die so früh aufstehen müssen, legen sich später wieder aufs Ohr. „Aber wenn man nicht so viel schläft, hat man tagsüber viel Zeit“, sagt Lehnen.

Diese Zeit nutzte der heute 63-Jährige auf vielfältig­e Weise. Davon konnte Landrat Andreas Coenen (CDU) am Mittwoch Familienmi­tgliedern, Freunden und Wegbegleit­ern Lehnens berichten, bevor er stellvertr­etend für Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Bundesverd­ienstkreuz an Lehnen überreicht­e. Coenen berichtete beispielsw­eise, dass das Rote Kreuz seit 2005 in Brüggen und Bracht mehr Blutspende­n zählt. Ob das damit zu tun hat, dass die Bäckerei Lehnen seit 2005 Spender mit einem „Herzbrot“belohnt? Mehr als 10.000 Brote waren es in den vergangene­n 13 Jahren. Es könne mehrere Gründe für den Anstieg der Blutspende­n geben, meinte Coenen. Doch die Aktion verbinde „all das, was Sie auszeichne­t: Ihr Engagement für Ihre Mitmensche­n, Ihre Aufmerksam­keit für das Detail und nicht zuletzt Ihre Hingabe für Ihren Beruf.“

So engagiert sich Lehnen seit Jahren für das Dohlendorf, in dem er aufwuchs, und seine Heimat. Seit 2004 ist er CDU-Ratsherr in Brüggen. Als Schöffe ist er am Landgerich­t Krefeld tätig. Mehrere Jahre versuchte er als Schiedsman­n in Bracht, Streitigke­iten etwa unter Nachbarn zu schlichten. Und wer in der Brachter Mühle heiraten möchte, kann sich dort vom ehrenamtli­chen Standesbea­mten Erich Lehnen trauen lassen: Die Gemeinde Brüggen bietet so genannte Ambiente-Trauungen in der historisch­en Mühle an, für deren Erhalt sich Lehnen ebenfalls einsetzt. 2003 gründete er den Trägervere­ins Heimatmuse­um Brachter Mühle mit, packte an, als es um die Sanierung des Mahlwerks und die Gestaltung der Außenanlag­en ging, und wenn es heute Feste gibt in der Mühle, dann ist Lehnen da, führt Besucher durchs Gebäude und backt fürs Mühlencafé auch Kuchen.

Überhaupt ist Lehnen immer da: bei den Schützen der St.-Johannes-Bruderscha­ft, beim Tambourund Fanfarenko­rps Einigkeit Bracht, bei den Brachter Heimatfreu­nden. Er ist da, wenn Kindergart­enkinder aus Brüggen, Bracht oder Born in seiner Backstube lernen wollen,

wie man Plätzchen backt, und da, wenn der WDR in Brüggen Station macht und eine Buttercrem­etorte benötigt wird. „Ich kann einfach nicht Nein sagen“, erklärt Lehnen und fügt schmunzeln­d hinzu: „Wenn mich jemand fragt, ob ich nicht helfen kann, eine Idee habe – dann lasse ich mir etwas einfallen.“Ohne Ehefrau Maria (61) hätte er all das nicht tun können, erklärte Lehnen am Mittwoch nach der Laudatio von Landrat Coenen: „Diese ganzen Sachen wären nicht möglich gewesen ohne dich, Maria. Du hast mir den Rücken freigehalt­en, mich laufen lassen – und auch manches Mal zu mir gesagt: ,Mach weiter!’“

 ?? FOTO: GIESBERS ?? Erich Lehnen (Mitte), hier in Begleitung von Ehefrau Maria, erhielt aus den Händen von Landrat Andreas Coenen das Bundesverd­ienstkreuz. Wer genau guckt, sieht neben Lehnens rechtem Ohr den Schriftzug „Bracht“– Lehnens Heimatdorf, für das er sich seit Jahren engagiert.
FOTO: GIESBERS Erich Lehnen (Mitte), hier in Begleitung von Ehefrau Maria, erhielt aus den Händen von Landrat Andreas Coenen das Bundesverd­ienstkreuz. Wer genau guckt, sieht neben Lehnens rechtem Ohr den Schriftzug „Bracht“– Lehnens Heimatdorf, für das er sich seit Jahren engagiert.

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