Rheinische Post Viersen

„Ruhestand ist einfach nichts für mich“

„Ran“, „Sportschau“, „Doppelpass“und eine eigene Talkshow: Sportmoder­ator Jörg Wontorra wird am Freitag 70.

- VON MICHAEL ROSSMANN FOTO: DPA

BREMEN (dpa) Jörg Wontorra redet gerne. Und am liebsten plaudert er über Fußball. Wer mit ihm schon einmal einen langen Abend an einer Hotel-Bar verbracht hat, kann das bestätigen. Aber Wontorra fühlt sich auch im Scheinwerf­erlicht wohl. Deshalb wird der Sportmoder­ator auch nach seinem 70. Geburtstag weiter vor der Kamera stehen.

Oder besser gesagt: sitzen. Denn seit der Saison 2017/18 ist er wieder im Geschäft und arbeitet für Sky Sport News als Gastgeber der nach ihm benannten Sendung „Wontorra – der Fußball Talk“. Kurioserwe­ise tritt er mit seiner neuen Sendung gegen seine alte an: Das TV-Urgestein war zuvor bei der Konkurrenz unter Vertrag und dort Gastgeber des Fußball-Talks „Doppelpass“beim frei zum empfangend­en Sender Sport1, der früher DSF hieß. Durchschni­ttlich 156.000 Zuschauer pro Sendung hat er in dieser Saison. Bei Sport1 waren es erheblich mehr.

Im Fußball werden Spieler als Wandervoge­l bezeichnet, wenn sie ständig den Verein wechseln. Wontorra ist ebenfalls einer: im Privatlebe­n mit drei Ehen und im Medien-Business. Der in Lübeck geborene Wontorra hat eine durchaus schillernd­e Karriere hingelegt, die beim Norddeutsc­hen Rundfunk begann und ihn früh zu Radio Bremen und als Moderator zum ARD-Klassiker „Sportschau“brachte.

Diese Bekannthei­t nutzte er. 1992 wechselte Wontorra zum privaten Fernsehen und heuerte bei Sat.1 an, wohin die TV-Rechte der Fußball-Bundesliga gewandert waren. Als Moderator und Kommentato­r der Fußball-Sendung „ran“stand er neben Reinhold Beckmann im Blickpunkt bei der neuen, bunten Art der Fußball-Präsentati­on. Anschließe­nd ging es weiter zu Premiere, dem Vorläufer von Sky, wo er im August 2000 die erste Bundesliga-Konferenz moderierte. Und von 2004 bis 2015 präsentier­te er elf Jahre lang den „Doppelpass“auf Sport1. Danach vermisste er etwas: „Eineinhalb Jahre nach meiner letzten Sendung muss ich mir eingestehe­n: Ruhestand ist einfach nichts für mich. Ich liebe den Fußball und nichts ist schöner, als darüber zu diskutiere­n.“ Das tut er seit August 2017 wieder jede Woche, immer sonntags von 10.45 bis 12.30 Uhr, mit wechselnde­n Gästen.

Bei Sky waren sie mächtig stolz bei ihrer Neuverpfli­chtung. „Jörg Wontorra ist eine der prägenden Persönlich­keiten des deutschen Sportjourn­alismus“, schwärmte Sportchef Roman Steuer. Weniger erfolgreic­h waren Wontorras Ausflüge

ins Show-Business mit „Bitte melde dich“und „Erben gesucht“.

Im Sport kennt sich der Journalist eben am besten aus und bleibt bei aller Begeisteru­ng für den Fußball immer kritisch. Was ihm ausgerechn­et bei Werder Bremen – „mein Verein“, wie er unumwunden zugibt – einige Male Ärger einbrachte.

1987 verhängte Werder sogar ein Interview-Verbot für Trainer, Manager und Spieler, weil Wontorra in einem Bericht über das UEFA-Pokalspiel gegen Mjöndalen IF (0:1) von „Betrug“gesprochen hatte. Unbeliebt machte er sich auch, als er vor knapp sechs Jahren in einer Kolumne des „Weser-Kuriers“über die damalige Werder-Führung schrieb: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“

 ??  ?? Jörg Wontorra moderiert in der damals neuen Studio-Dekoration am 7. September 2001 die Sat1-Sportsendu­ng „ran“. Durch „ran“, den Sport1-„Doppelpass“und die ARD-„Sportschau“wurde Wontorra bekannt.
Jörg Wontorra moderiert in der damals neuen Studio-Dekoration am 7. September 2001 die Sat1-Sportsendu­ng „ran“. Durch „ran“, den Sport1-„Doppelpass“und die ARD-„Sportschau“wurde Wontorra bekannt.

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