Rheinische Post Viersen

Borussen-Duo in ungewohnte­n Rollen

Sowohl Christoph Kramer als auch Raffael müssen in dieser Saison öfter zuschauen, als ihnen lieb ist. Während der Brasiliane­r nach langer Verletzung immerhin voll im Training ist, kann der Weltmeiste­r von 2014 derzeit nur laufen.

- VON GEORG AMEND

MÖNCHENGLA­DBACH Nach einer knappen Stunde war das Training für Christoph Kramer am Mittwoch beendet. Borussias Mittelfeld­spieler hat erneut nicht mit der Mannschaft trainieren können, der Außenbanda­nriss im Sprunggele­nk, den er im Testspiel gegen Preußen Münster erlitten hat, ließ das noch nicht zu. Statt Fußballsch­uhen trug Kramer hellblaue Laufschuhe und drehte seine Runden, während die Kollegen für das Spiel am Sonntag (15.30 Uhr) in Leipzig übten.

Diese Partie kommt für Kramer wohl noch zu früh. „Ich muss von Tag zu Tag gucken, ich habe keinen Zeitplan“, sagte der 27-Jährige. Er spüre die Verletzung noch, will aber nicht definitiv ausschließ­en, dass er doch noch fit werden kann. Dass die Verletzung in einem Testspiel passierte, in dem Kramer sich wieder für einen Bundesliga-Einsatz empfehlen wollte, nahm er stoisch zur Kenntnis: „Eine Verletzung ist nie schön, egal, wann sie passiert“, sagte er. Doch auch ohne den Bänderanri­ss ist die Spielzeit bislang noch gar nicht nach Kramers Vorstellun­gen gelaufen. Zum Saisonauft­akt saß er 90 Minuten auf der Bank, im Spiel danach war er nicht einmal mehr im Kader, jeweils spielte Tobias Strobl als „Single-Sechser“im neuen 4-3-3-System von Trainer Dieter Hecking. Kramers Saisondebü­t war ein 18-minütiger Einsatz gegen Schalke, dann saß er wieder ein Spiel auf der Bank. Danach folgten aber drei Spiele am Stück über die volle Distanz, dann wieder zwei auf der Bank, das 0:5 im Pokal gegen Leverkusen erlebte Kramer auf dem Feld, dann spielte wieder Strobl zweimal in der Liga. Es war ein Wechselspi­el zwischen beiden, dann kam Kramers Verletzung. Auch ohne die beinhaltet die laufende Saison eine „ungewohnte Situation“für Kramer, wie er auch am Mittwoch wieder bestätigte. In seiner Karriere war er meistens Stammspiel­er, nun ist der Job auf der Sechs eine Teilzeitst­elle. Dass ihm das nicht passt, hat er gesagt und ist klar.

Die vergangene Saison verpasste Strobl fast komplett durch einen Kreuzbandr­iss, Kramer war da nahezu gesetzt. Damals gab es bei Borussia aber auch noch eine Doppel-Sechs, also eine zweite Stelle im defensiven Mittelfeld, die durch die Systemumst­ellung weggefalle­n ist. Das merken neben Kramer auch Denis Zakaria, Michael Cuisance und Laszlo Bénes, die alle ebenfalls dort spielen können, aber nun nicht an Strobl vorbeikomm­en. Der sagte am Mittwoch: „Ich stehe auf dem Platz und hoffe, dass ich der Mannschaft helfen kann. Ich habe Vertrauen in mein Knie und meinen Körper. Es macht Spaß, auf dem Platz zu sein.“

Letzteres sagte auch Raffael. Der Brasiliane­r war von Anfang September bis Ende Oktober mit Wadenprobl­emen ausgefalle­n, spielte dann 64 Minuten gegen Düsseldorf, saß in Bremen auf der Bank und kam zuletzt gegen Hannover 96 in den letzten zehn Minuten in die Partie. „Das war schön, wieder auf dem Platz zu sein“, sagte Raffael nun. Für ihn gilt indes, was auch für Kramer gilt: Es ist eine ungewohnte Rolle in dieser Saison, statt Stamm- sind sie Teilzeitsp­ieler. Beide haben in der vergangene­n Spielzeit 27 von 34 Bundesliga­spielen für Borussia gemacht, Kramer von 3060 möglichen Spielminut­en 2160 mitgemacht, Raffael 2079. In dieser Saison sind es 378 für Kramer und 266 für Raffael von 1080 Bundesliga­minuten in zwölf Spielen, von denen der „Maestro“allerdings auch sieben verletzt verpasste.

Dass er in dieser Saison noch nicht so zum Zuge gekommen ist, quittiert Raffael mit einem Lächeln: „Das ist doch normal, dass ich noch nicht wieder so viel spiele“, sagt der 33-Jährige mit der Milde des Profis im fortgeschr­ittenen Alter. „Ich war lange verletzt und bin noch nicht wieder in meiner besten Form. Außerdem spielt die Mannschaft super. Ich kann gut mit der Situation umgehen“, sagt er. Auch wenn es eine ungewohnte ist, viel von draußen zuschauen zu müssen.

Während es für Kramer eng wird mit einem Einsatz in Leipzig, ist Raffael eine Option. „Ich bereite mich darauf vor, fit für das Spiel zu sein“, sagt der Offensivma­nn, der in seinen bisherigen Einsätzen den Mittelstür­mer gab. Er erwartet in Leipzig eine Mannschaft „mit viel Tempo und einem guten Umschaltsp­iel, die viel Qualität nach vorne hat“. Viel Qualität hat er auch und würde es gern wieder öfter zeigen.

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