Rheinische Post Viersen

Revolutiön­chen im deutschen Sport

Alfons Hörmann bleibt Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. Bei der Wahl auf der Mitglieder­versammlun­g in Düsseldorf bekommt er aber auch den Unmut im Verband zu spüren.

- VON GIANNI COSTA UND STEFAN KLÜTTERMAN­N

DÜSSELDORF Für Horst Seehofer ist es wohl einer der angenehmer­en Termine in diesen Tagen. Die Mitglieder­versammlun­g des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) in der Düsseldorf­er Rheinteras­se. Der Bundesinne­nminister, in dessen Ressort auch die Verantwort­ung für den Sport fällt, hat vor ein paar Monaten die Leistungss­portreform genehmigt. Es geht um Millionen, über die jahrelang gestritten wurde. Alfons Hörmann, der DOSB-Präsident, hat sich mit dem CSU-Politiker urplötzlic­h auf den Pakt verständig­t. Kritiker von Hörmann sahen darin ein Geklüngel unter Parteispez­ies. Das Parlament des Sports orientiert sich indes lieber an dem Ergebnis.

Und so kann sich Seehofer als einer verkaufen, der dem Sport hierzuland­e wohlgesonn­en ist. Und er hat auch eine deutliche Botschaft nach Düsseldorf mitgebrach­t: „Deutschlan­d würde es mal wieder guttun, Olympische Spiele auszuricht­en. Und deshalb unterstütz­e ich Armin Laschet bei seinem Vorhaben“, verkündete Seehofer, sehr zur allgemeine­n Verzückung des NRW-Ministerpr­äsidenten, der sich für Olympische Spiele 2032 im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland stark macht.

Alfons Hörmann kann derweil wenig später nur schwerlich verbergen, dass er die Umstände seiner Wiederwahl nach unerwartet­er Kampfkandi­datur als Majestätsb­eleidigung empfindet. „Die Wahl als solche ist aus meinem Verständni­s gut, demokratis­ch und hoch erfolgreic­h verlaufen“, sagt er nach der Bestätigun­g im Amt. Der deutsche Triathlon-Präsident Martin Engelhardt hatte es gewagt, aus Protest gegen den nicht immer angemessen­en Führungsst­il Hörmanns kurz vor den Wahlen seine Kandidatur anzumelden. „Der Präsident ist aufgrund seiner rüden Umgangsfor­men kein Brückenbau­er, er ist nicht teamfähig und sehr auf sich bezogen“, sagt Engelhardt, 58-jähriger Mediziner aus Osnabrück, nach der Niederlage: „Ich halte Herrn Hörmann nicht für einen guten Präsidente­n. Im Schutz der geheimen Abstimmung zeigen noch mehr der 400 Funktionär­e Mut: Engelhardt erhält 61 von 444 Stimmen, auf Hörmann entfallen 383.

Dass Engelhardt das im Sport selten genutzte demokratis­che Recht wahrnimmt, als Gegenkandi­dat anzutreten, findet auch Anerkennun­g. „Ich fand es mutig, dass Engelhardt aufgestand­en ist. Das ist ja nicht ganz so einfach“, meint der deutsche Ruder-Präsident Siegfried Kaidel. „Ich denke, die Botschaft ist bei Hörmann angekommen.“

Für den Präsidente­n des Deutschen Behinderte­nverbandes, Friedhelm Julius Beucher, sollten Gegenkandi­daturen „nicht als Angriffe empfunden werden, sondern ein Zeichen von „sportverba­ndlicher Lebendigke­it“sein. Auch Athletensp­recher Max Hartung zeigt sich froh, „dass es eine Auswahl von Kandidaten“gegeben habe, betont aber: „Das Ergebnis ist in meinen Augen kein Denkzettel.“

Neben der Präsidente­nwahl stellt der DOSB auch in anderen Bereichen Weichen. So bestätigt die Mitglieder­versammlun­g die Position des Vorstands und des Präsidiums zum Thema E-Sport mit großer Mehrheit. Der DOSB erkennt demnach elektronis­che Sportarten­simulation­en („virtuelle Sportarten“) an, lehnt aber „E-Gaming“ab. Darunter versteht der Dachverban­d alle Computersp­iele, die „nicht den virtuellen Sportarten entspreche­n“– der weitaus größte und populärste Teil der weltweit boomenden Branche. Man setze sich dafür ein, die virtuellen Sportarten unter dem Dach des

organisier­ten Sports als gemeinnütz­ig anzuerkenn­en und wendet sich entschiede­n gegen eine Aufnahme von E-Gaming/E-Sport in die Abgabenord­nung.

Aufnahme statt Ablehnung signalisie­ren die Mitglieder dagegen beim Thema „Special Olympics“. Sie gruppieren den Verband (Special Olympics Deutschlan­d) als nichtolymp­ischen Spitzenver­band in die DOSB-Struktur ein. Das passt, denn 2023 finden die Weltspiele für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderun­g in Berlin statt – mit einem Budget von 88 Millionen Euro, rund 7000 Athleten aus 180 Nationen und in 25 Sportarten.

Im Foyer der Düsseldorf­er Rheinterra­sse ergeben sich derweil interessan­te Zufallsbeg­egnungen. Franz Reindl etwa hat sich an einen Tisch gestellt. Der Präsident des Deutschen Eishockey Bundes (DEB) versucht, ein Sandwich zu essen. Das allerdings wird dadurch erschwert, dass ihm immer wieder zur Silbermeda­ille des DEB-Teams in Südkorea gratuliert wird. Schließlic­h stellt sich ein zweiter Herr an den Tisch. Die beiden Männer kommen ins Gespräch. Nach einer Weile will der nette Herr von Reindl wissen, welchen Verband er denn vertreten würde, er selbst sei Ulrich Klaus, Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB).

mit Material von dpa

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FOTO: DPA Alfons Hörmann, Präsident des DOSB, spricht auf der Mitglieder­versammlun­g des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s in der Düsseldorf­er Rheinterra­sse.

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