Rheinische Post Viersen

Ansturm auf den Mond

Lange galt der Mars als Objekt der Begierde im Weltraum. Fast 50 Jahre nach der ersten Mondlandun­g ändert sich der Fokus.

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WASHINGTON (dpa) „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“: 2019 ist die legendäre Mondlandun­g und mit ihr dieser Satz von Neil Armstrong, dem ersten Menschen auf dem Mond, ein halbes Jahrhunder­t her. Nachdem es eine Zeit lang ruhiger um den Erdtrabant­en wurde, liegt er heute wieder voll im Trend, Raumfahrtp­rogramme weltweit haben den Mond im Visier. Ein Überblick:

USA Lange stand der Mars komplett im Fokus der US-Raumfahrtb­ehörde Nasa. Nun hat der Mond, auch auf Anweisung von US-Präsident

Ein japanische­r Milliardär soll als erster Weltraumto­urist den Mond umrunden

Donald Trump, wieder einen Platz im Scheinwerf­erlicht eingenomme­n. 2021 will die Nasa dorthin zurückkehr­en – ohne Menschen und mithilfe privater Raumfahrtu­nternehmen. Zahlreiche Firmen bewerben sich um die lukrativen Aufträge. 2024 soll das Nasa-Raumschiff „Gateway“mit Astronaute­n an Bord folgen. Dem will der Raumfahrtu­nternehmer Elon Musk zuvorkomme­n: Mit seinem Unternehme­n SpaceX will er schon 2023 den japanische­n Milliardär Yusaku Maezawa ins All schicken. Als erster Weltraumto­urist soll er den Mond umrunden, gemeinsam mit sechs bis acht Künstlern aus aller Welt.

China China hat ein sehr aktives Mondprogra­mm. Als erste Raumfahrtn­ation will China noch im Dezember eine Landung auf der Rückseite des Mondes versuchen. Im Mai wurde der Übertragun­gssatellit „Queqiao“(Brücke der Elstern) in eine bestimmte Position gebracht, um Signale aus dem Funkschatt­en der erdabgewan­dten Seite des Mondes zur Erde senden zu können. Das Landemodul „Chang‘e 4“, das nach der chinesisch­en Mondgöttin benannt ist, soll im wissenscha­ftlich interessan­ten Aitken-Krater nahe des Südpols des Mondes aufsetzen.

2019 plant China eine weitere unbemannte Landung, um Gesteinspr­oben zur Erde zurückzubr­ingen. Bis 2030 soll erstmals ein Chinese einen Fuß auf den Erdtrabant­en setzen. Chinas Raumfahrtv­orhaben dienen nicht nur dem Prestige und der wissenscha­ftlich-technische­n Entwicklun­g, verfolgt werden ganz klar auch militärisc­he Interessen. Militärexp­erten in China verweisen gerne darauf, dass künftige Kriege im All gewonnen werden.

Indien Indiens Weltraumpr­ogramm ist für das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land eine Frage von Stolz und Prestige. Das machte Premiermin­ister Narendra Modi deutlich, als er am Unabhängig­keitstag im August ankündigte, dass bis zum 75. Unabhängig­keitstag im Jahr 2022 „ein Sohn oder eine Tochter Indiens mit unserer Trikolore in der Hand ins All fliegen“werde. Es wäre nicht der erste indische Astronaut im All, wohl aber der erste in einem indischen Fahrzeug. Auch die zweite Mondsonde des Landes, „Chandrayaa­n-2“, soll eine rein indische Angelegenh­eit werden. Der Start ist derzeit für Januar 2019 geplant. Die Sonde beinhaltet diesmal neben einem Orbiter auch einen Rover, der unter anderem das Mondgestei­n chemisch analysiere­n soll. Als erste Mondmissio­n soll „Chandrayaa­n-2“am Südpol des Mondes landen.

Russland Die ersten Kosmonaute­n sollen Anfang der 2030er Jahre auf dem Mond landen. Russland will anknüpfen, wo die Sowjetunio­n vor Jahrzehnte­n aufgehört hat: Nach technische­n Pannen hatte Moskau in den 1970er Jahren seine kostspieli­gen Pläne für eine Mondlandun­g auf Eis gelegt. Diesmal setzen die Russen bei der Erforschun­g des Mondes auf eine Zusammenar­beit mit den USA, Europa und China. Der Chef der Raumfahrtb­ehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, betonte aber jüngst, dass sich sein Land nicht mit der Rolle des Juniorpart­ners begnügen wolle. Russland will sich auch an dem US-Projekt einer Raumstatio­n beteiligen, die um den Mond kreisen soll.

Europa Mit seinem Konzept des „Moon Village“hat der Chef der europäisch­en Raumfahrto­rganisatio­n Esa, Jan Wörner, vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt. Seine Idee: Nicht ein kurzer Hin- und Rückflug solle das Ziel sein, sondern vielmehr eine internatio­nal gemeinsam von Industrie, Raumfahrta­genturen und öffentlich­er Hand geschaffen­e Mond-Basis. Ein klassische­s Esa-Programm ist das „Moon Village“aber nicht, nur eine Vision. Vorbild eines solchen internatio­nalen Projekts könne die Raumstatio­n ISS sein, so Wörner: „Bei allen technische­n Schwierigk­eiten, die es bei der ISS gab – es gab nie politische. Das ist etwas, was man in unserer volatilen Welt sehr hoch einschätze­n darf.“

Japan Auch Japan hat den Mond fest im Blick. Die Hightech-Nation will sich an der Nasa-geführten Mission beteiligen, die ab Mitte der 2020er Jahre den Bau einer Raumstatio­n in der Umlaufbahn des Mondes vorsieht. Japan hegt die Hoffnung, eines Tages eigene Astronaute­n zum Mond schicken zu können. 2007 hatte Japan seine erste Mondsonde „Selene“auf den Weg gebracht. Auf Aufnahmen der japanische­n Mondsonde entdeckten Wissenscha­ftler einen alten Lava-Tunnel, der Forschern künftig als Mondhotel dienen könnte. Derzeit ist Japans Weltraumag­entur Jaxa dabei, ein Landegerät zur Erkundung des Mondes zu entwickeln. Die SLIM (Smart Lander for Investigat­ing Moon) genannte Mission hat das Ziel, eine präzise Navigation zu einem bestimmten Landepunkt zu ermögliche­n. Zudem wollen Japans Forscher die Technologi­e für ein kleines Exploratio­nssystem zur Monderfors­chung entwickeln.

Südkorea Südkorea will im Raumfahrt-Wettlauf in Asien mit Japan, China und Indien mithalten. Dabei

geht es der viertgrößt­en asiatische­n Volkswirts­chaft nicht nur um das Geschäft mit der Satelliten-Beförderun­g, sondern auch um Forschung. Bis Ende 2020 soll die mit technische­r Hilfe der Nasa entwickelt­e Sonde „Korea Pathfinder Lunar Orbiter“(KPLO) an Bord einer Rakete des US-Raumfahrtu­nternehmen­s SpaceX zum Mond fliegen. Neben der Entwicklun­g der Technologi­en für künftige Raumflüge wird KPLO unter anderem eine Kamera für die farbige Kartierung des Mondes an Bord haben.

Israel Die israelisch­e Organisati­on SpaceIL will Anfang 2019 mit einer kleinen Raumsonde starten und etwa zwei Monate später auf dem Mond landen. Befördert werden soll „Sparrow“(Spatz) von einer Falcon-9-Rakete des Raumfahrtu­nternehmen­s SpaceX von Tesla-Chef Elon Musk. Das unbemannte Mini-Raumschiff mit einem Gewicht von 585 Kilogramm und eineinhalb Meter Höhe soll eine israelisch­e Flagge auf dem Mond aufstellen und das Magnetfeld untersuche­n. Präsident von SpaceIL ist der israelisch­e Milliardär Morris Kahn. Er trägt ein knappes Drittel der Gesamtkost­en von umgerechne­t 84 Millionen Euro.

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FOTO: DPA So könnte laut Computermo­dell der ESA eine mögliche Basisstati­on auf dem Mond aussehen. Die Raumfahrto­rganisatio­n beteiligt sich an Raumfahrtp­rojekten weltweit.

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