Rheinische Post Viersen

Thriller-Drama mit Starbesetz­ung

„Widows – Tödliche Witwen“von Steve McQueen ist arg ruhig geraten.

- VON PHILIP DETHLEFS

(dpa) Eine Explosion verändert das Leben von Veronica Rawlings (Viola Davis) radikal. Nach einem Geldraub stirbt ihr sanftmütig­er, aber kriminelle­r Ehemann Harry (Liam Neeson) mit drei Komplizen, als der Fluchtwage­n im Kugelhagel der Polizei explodiert. Zeit zum Trauern bleibt Veronica nicht, denn der Beklaute Jamal Manning (Brian Tyree Henry) verlangt die gestohlene­n zwei Millionen Dollar von ihr zurück. „Weil‘s um mein Leben geht, geht‘s jetzt auch um deins“, droht er der Witwe. Dass die Beute in Flammen aufgegange­n ist, kümmert den korrupten Politiker genauso wenig, wie dass Veronica von Harrys Machenscha­ften nichts wusste. Sie hat einen Monat Zeit.

Die Geschichte ist nicht neu. Der Thriller von US-Regisseur Steve McQueen (“12 Years A Slave“), dessen überflüssi­ger deutscher Zusatz „Tödliche Witwen“eher unpassend ist, basiert auf der britischen TVSerie „Widows“aus den 80er Jahren. Die wurde schon 2002 als Miniserie erneut für den US-Markt verfilmt. Während die Handlung dafür stark verändert wurde, bleibt der neue Kinofilm näher am Original. Statt in London spielt die Handlung in Chicago, das McQueen in bedrückend düsterer Optik samt seiner Schattense­iten zeigt.

Auf Unterstütz­ung von Behörden und Politikern braucht Veronica nicht zu hoffen. Aber Harry hat ihr ein Notizbuch mit Plänen, Kontakten und anderen Informatio­nen zu seinen kriminelle­n Geschäften hinterlass­en. Mit zwei anderen Witwen plant sie den Coup, den Harry als nächstes machen wollte. Die taffe Mutter Linda (Michelle Rodriguez) verlor mit dem Tod ihres Mannes auch ihr Modegeschä­ft und will eine neue Existenz aufbauen. Die in der Ehe misshandel­te Alice (Elizabeth Debicki) will sich endlich nichts mehr gefallen lassen. Als Vierte stößt die gutherzige Belle (Cynthia Erivo) zum Quartett.

Anders als die lockere Kunstraub-Komödie „Ocean‘s Eight“vom Sommer mit Sandra Bullock, Cate Blanchett und Co. hat McQueen „Widows“als düsteren, mitunter deprimiere­nden Thriller mit realistisc­hen Protagonis­ten inszeniert.

Die Besetzung dieser nahegehend­en, weil authentisc­hen Frauenroll­en ist hervorrage­nd – mit Oscar-Gewinnerin Davis als Witwe zwischen Verzweiflu­ng und Wut.

Der Plot von „Widows“ist spannend und enthält ein paar gelungene Wendungen. Die Mischung aus Thriller und Drama ist nicht nur ein sogenannte­r Heist-Movie, also ein Film über die Planung und Durchführu­ng eines Raubüberfa­lls, sondern auch eine zeitgemäße Geschichte von Klassenunt­erschieden und Rassismus. Das ist zugleich ein Problem dieses doch arg langsam erzählten Films, der wie ein Actionkrac­her vermarktet wird, obwohl er äußerst ruhig geraten ist.

Mit seinen vielen Charaktere­n und Schauplätz­en wirkt „Widows“mitunter überfracht­et. Es fehlt an der richtigen Balance. Manches wirkt nicht zu Ende erzählt. So hinterläss­t der Film am Ende ein paar offene Fragen – und das Gefühl, dass Steve McQueen damit unter seinen Möglichkei­ten geblieben ist.

Widows – Tödliche Witwen, USA 2018 – Regie: Steve McQueen, mit Viola Davis, Michelle Rodriguez, Colin Farrell, Liam Neeson, 130 Min., FSK ab 16

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FOTO: DPA Viola Davis (l.) als Veronica und Cynthia Erivo als Belle in „Widows“.

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