Rheinische Post Viersen

Die coolste Band der Welt

Das großartige „Beastie Boys Buch“erzählt, wie drei Freunde im New York der frühen 1980er Jahre eine HipHop-Gruppe gründeten.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Dieses Buch ist dick genug, man kann sich draufsetze­n und es als Schlitten benutzen, dann trägt es einen zurück durch die Zeit und an einen anderen Ort, und heraus kommt man in New York, und da läuft gerade das Jahr 1981. Überall hört man dort Musik; Blondie, Queen und frühen Rap. Die Straßen funktionie­ren wie ein gewaltiges Mischpult, die Sounds wehen aus fahrenden Autos herüber, aus offenen Fenstern und dem Ghettoblas­ter, den eine Gruppe Jugendlich­er in ihrer Mitte abgestellt hat. Die drei Jungs, die da miteinande­r herumstehe­n und jeden Song mitsingen, sind Freunde, beste Freunde sogar; sie haben einander über die Musik kennengele­rnt, was für Freundscha­ften die beste Grundlage überhaupt ist. Sie mögen Kiss und Bad Brains, und nun haben sie selbst eine Band gegründet: Sie sind die Beastie Boys.

Von all dem erzählt das „Beastie Boys Buch“, das im Übrigen nicht nur deshalb so schwer ist, weil so viele tolle Geschichte­n drinstehen wie jene von der Fluglinie British Airways, die jedem Beastie Boy 100.000 Dollar überweisen musste, da sie die erste Single des jungen Trios ungefragt in einem Werbespot verwendet hatte. Sondern auch, weil es ein Grabstein sein soll. Adam Yauch, den seine Kumpels MCA nannten, starb 2012 an Krebs, und natürlich produziere­n die zurückgela­ssenen Michael Diamond (Mike D) und Adam Horovitz (Ad-Rock) nun keine Musik mehr, weil das ohne Yauch ja gar nicht geht. Trotzdem machen sie weiter „weltweite Action“, wie Udo Lindenberg, ein anderer Fachmann in Sachen Freundscha­ft, das nennt. Sie geben ein Buch heraus, und sie sorgen dafür, dass zwischen den Zeilen Licht brennt und an Yauch erinnert, mit dem sie so gern noch das Empire State Building hinaufgekl­ettert wären, weil Kumpel so was nun mal tun.

Rap war neu zu Beginn der 80er Jahre, und die drei Jungs fanden darin ihr Medium. Sie schrieben Hymnen und würzten sie mit comedy-artig inszeniert­en Wortgefege­chten; sie brachten Grips und Clownerie in den Rap, und sie drückten aufs Gaspedal, denn sie hatten die Energie des Punk mitgebrach­t. In New York wurden zu jener Zeit die Grenzen zwischen den Genres eingerisse­n; Postpunk flirtete mit Reggae, Grandmaste­r Flash trat im Vorprogram­m von The Clash auf, und wenn man eine Melodie von Kraftwerk sampelte, wurde man noch nicht vor Gericht gezerrt. Die Beastie Boys durchkämmt­en Plattenläd­en und suchten Obskurität­en, aus denen sie Songs bauen konnten. Wie gut das klappte, hört man auf der LP „Paul’s Boutique“von 1989.

Weggefährt­en liefern Beiträge für das Buch, der Autor Jonathan Lethem etwa und die Regisseure Wes Anderson und Spike Jonze. Es gibt die Lieblingsr­ezepte der Musiker zum Nachkochen, Playlisten mit Liedern, die sie gern hörten, und an denen kann man gut ablesen, wie aus der Rabauken-Gang die lässigste Band der Welt wurde: Sie begannen, daheim Krautrock von Can aufzulegen, und der wirkt erwiesener­maßen bewusstsei­nserweiter­nd.

Eminem ist ihr größter Fan, er widmete ihnen das Cover seiner aktuellen Platte. Wie gut die Beastie Boys waren, erkennt jeder, der sich die Videos zu „Intergalac­tic“, „Sabotage“und „Three MCs and One DJ“ansieht. Drei Freunde, die einander dazu inspiriert­en, nach den Sternen zu greifen. Der wichtigste Vers ihres Gesamtwerk­s geht so: „New York, you made it happen.“

 ?? FOTO: HEYNE VERLAG ?? „Intergalac­tic“: Adam Yauch, Michael Diamond und Adam Horovitz (v.l.) waren die Beastie Boys.
FOTO: HEYNE VERLAG „Intergalac­tic“: Adam Yauch, Michael Diamond und Adam Horovitz (v.l.) waren die Beastie Boys.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany