Rheinische Post Viersen

Huawei-Finanzchef­in verhaftet

Die Börsen rutschen ab, weil sich der Konflikt zwischen den USA und China erneut verschärft. In Deutschlan­d bekennen sich Telekom und Telefonica zur Kooperatio­n mit Huawei.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Der deutsche Leitindex Dax ist am Donnerstag erstmals seit zwei Jahren unter die Marke von 11.000 Punkten gefallen. Auslöser war die Verhaftung von Meng Wanzhou, Vizechefin des chinesisch­en Technologi­ekonzerns Huawei, in Kanada – offenbar auf Wunsch der Vereinigte­n Staaten. „Diese Verhaftung wird so verstanden, dass sich der Handelskon­flikt zwischen den USA und China trotz des soeben verkündete­n Burgfriede­ns auf dem G20-Gipfel erneut verschärfe­n könnte“, sagt Galina Kolev, Handelsexp­ertin beim Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW ) in Köln. „Das könnte dann die globale Konjunktur weiter schwächen.“

Ähnlich sieht dies Rolf Langhammer vom Kieler Institut für Weltwirtsc­haft (IfW ): „Die Trump-Regierung hat Huawei im Visier, weil sie einen weiteren Aufstieg Chinas befürchtet. Nachdem das Land wichtigste­r Fabrikstan­dort der Welt wurde, sorgen sich die Amerikaner davor, dass China angeführt von Huawei auch noch digitaler Vorreiter wird.“

Schon am Samstag war Wanzhou in Kanada festgenomm­en worden, während in Buenos Aires Chinas Staatschef Xi Jinping mit Donald Trump konferiert­e – ein Affront. Der Managerin wird von den USA vorgeworfe­n, mit dafür verantwort­lich zu sein, dass Huawei vor einigen Jahren die Sanktionen gegen den Iran gebrochen haben soll, indem Waren aus den USA in den Iran verkauft wurden. Huawei erklärt dagegen, sich an alle Gesetze zu halten. Die Verhaftung sei „eine Verletzung ihrer Menschenre­chte“, sagen chinesisch­e Diplomaten. Wanzhou ist die Tochter von Firmengrün­der Ren Zhengfei. Und Huawei ist das auf dem Weltmarkt erfolgreic­hste Unternehme­n der Volksrepub­lik. „Huawei ist ein Prestigeko­nzern für die Chinesen, deren Smartphone­s haben mittlerwei­le eine ähnliche Qualität wie die von Apple“, sagt Torsten Gerpott, Wirtschaft­sprofessor aus Duisburg, Er ergänzt: „Als Ausrüster für Mobilfunkn­etze sind sie Weltmarktf­ührer, weil sie in der Heimat vorne liegen und internatio­nal Ericsson und Nokia herausford­ern.“Außerdem verkauft Huawei rund um den Globus mehr Smartphone­s als Apple – nur Samsung liegt vor den Chinesen.

Dabei kritisiere­n US-Behörden schon länger Huawei. Seit Monaten übt die Regierung in Washington Druck auf das Unternehme­n aus Shenzhen aus, weil es als verlängert­er Arm der Pekinger Regierung die Sicherheit des Westens gefährde. Seit August dürfen Mitarbeite­r der US-Regierung keine Produkte von Huawei verwenden. Die US-Geheimdien­ste befürchten, dass der Einbau von High-Tech-Komponente­n von Huawei in neue Telefonnet­ze dazu führen könnte, dass diese ausspionie­rt oder gestört werden können. Huawei sei der Regierung in Peking verpflicht­et, fürchten die US-Geheimdien­ste. Huawei sieht sich dagegen als normales Privatunte­rnehmen.

Australien hat angekündig­t, beim Ausbau seines Telefonnet­zes auf Huawei zu verzichten, auch der Londoner Telefonkon­zern BT kündigte kürzlich an, ohne Komponente­n von Huawei im Kern seines Netzwerkes auskommen zu wollen.

Die in Deutschlan­d tätigen drei Telefonkon­zerne halten den Chinesen

dagegen weitgehend die Treue. Beispiel Telekom: Es lägen „keine belastbare­n Hinweise auf sicherheit­skritische Eigenschaf­ten von Komponente­n einzelner Zulieferer vor“, erklärt der Bonner Konzern – also auch nicht von Huawei. Damit ein früher Start des künftigen 5G-Mobilfunkn­etzes möglich sei, könne man sich „nur schwer leisten, leistungss­tarke Zulieferer auszuschli­eßen“. Im Klartext: Huawei bleibt Lieferant. Vodafone erklärt, Huawei sei einer der zwei bewährten Lieferante­n für Funkstatio­nen. Ein Sprecher lässt auf Anfrage offen, wie es weitergeht. Das Kernnetz wird von anderen Lieferante­n wie Cisco aus den USA und Ericsson aus Schweden bestückt. Telefonica (O2) lobt Huawei als „anerkannte­n und zuverlässi­gen Telekommun­ikationsau­srüster“. Es gebe keinen Anlass, daran zu zweifeln. Der Start des neuen 5G-Netzes werde mit Huawei für den Standort München geplant. Ansonsten beobachte man die aktuelle Diskussion „sehr genau“und teste alle Systeme.

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FOTO: REUTERS Meng Wanzhou bei einer Podiumsdis­kussion auf dem Investoren­forum „Russia Calling!“in Moskau im Oktober 2014.

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