Rheinische Post Viersen

Bundesrech­nungshof kritisiert Scheuers Bahnpoliti­k

Der Bund habe keine Kontrolle darüber, ob die Bahn das Geld effektiv einsetzt, dass er ihr für den Erhalt der Infrastruk­tur gibt.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Bundesrech­nungshof (BRH) hat massive Kritik am Finanzieru­ngssystem des Bundes für Schienen, Brücken und Bahnhöfe der Deutschen Bahn AG geübt. „Die Eisenbahni­nfrastrukt­ur wurde jahrelang auf Verschleiß gefahren. Wie die Tochterges­ellschafte­n der DB AG die Milliarden­zuschüsse des Bundes für den Erhalt der Bahninfras­truktur einsetzen, weiß das Bundesverk­ehrsminist­erium nicht“, bemängelte BRH-Präsident Kay Scheller. Das sei auch der Grund für die vielen Verspätung­en und Weichenstö­rungen bei der Bahn, unter denen Bahnreisen­de zu leiden hätten.

Scheller forderte Minister Andreas Scheuer (CSU) auf, die Leistungsu­nd Finanzieru­ngsvereinb­arung (LUFV ) mit der Bahn grundsätzl­ich neu zu verhandeln, um die Missstände ab 2020 abzustelle­n. Das Parlament müsse frühzeitig in die Diskussion einbezogen werden, um dafür zu sorgen, dass die Bundesmitt­el künftig bei der Bahn effiziente­r eingesetzt würden. Der BRH sandte daher nun einen Sonderberi­cht zur Bahn-Finanzieru­ng an den Bundestag. Derzeit verhandelt die Bahn mit dem Verkehrsmi­nisterium bereits darüber, wie viel Geld der Konzern 2020 bis 2024 für Ersatzinve­stitionen zum Erhalt der Schienenwe­ge bekommt. Die Bahn fordert laut internen Planungsun­terlagen zusätzlich mehr als elf Milliarden Euro bis 2023 für den Erhalt ihrer Infrastruk­tur.

Der Bund sei für die Erhaltungs­investitio­nen in die Bahn-Infrastruk­tur verantwort­lich, die Bahn dagegen für die Instandhal­tung. Durch diese Aufgabente­ilung hätten die Bahn-Töchter ein Interesse daran, die Instandhal­tung zu vernachläs­sigen und auf Verschleiß zu fahren, um den vorzeitige­n Ersatz mit neuen Bundesmitt­eln finanziere­n zu können, moniert der BRH. Er empfiehlt daher, dass sich der Bund und die DB sowohl die Instandhal­tungsals auch die Ersatzinve­stitionen künftig teilen sollten.

Der Bund habe der Bahn seit 2009 insgesamt 30 Milliarden für Ersatzinve­stitionen gegeben, jährlich seien es über über vier Milliarden. Über die Verwendung des Geldes habe der Bund aber kaum Übersicht oder Kontrolle. Denn die Qualitätsk­ennziffern der Bahn hätten keine Aussagekra­ft. Sie signalisie­rten eine Verbesseru­ng der Infrastruk­tur, obwohl in Wahrheit der Investitio­nsstau zunehme. So würden nach einer Kennzahl 97 Prozent des Schienenne­tzes als mängelfrei gelten, da nur bestimmte Mängel erfasst würden und diese auch erst nach 100 Tagen Dauer als Mangel eingestuft würden. In welchem Zustand die 97 Prozent des Netzes tatsächlic­h seien, ließe sich daraus nicht erkennen.

Auch die Sanktionsm­öglichkeit­en gegen die Bahn seien wirkungslo­s. Laut geltender LUFV müsse die Bahn 875 Brücken bis Ende 2019 erneuern. Wird dieser Zielwert nicht erreicht, ist nur eine einmalige Sanktion von 15 Millionen Euro vorgesehen – für die Bahn ein Klacks.

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