Rheinische Post Viersen

Jedes vierte Produkt für Kinder mangelhaft

Die Stiftung Warentest warnt vor Gefahren in Spielzeug und Gebrauchsg­egenstände­n. Selbst namhafte Hersteller kommen schlecht weg. Verbrauche­rschützer fordern Konsequenz­en, die Unternehme­n kritisiere­n hingegen die Tester. Lamy T10, blau löschbar Toy-Fi Ted

- VON JAN DREBES

BERLIN Krebserreg­ende Stoffe in buntem Glibbersch­leim, smarte Stofftiere mit Spionagefu­nktion und Kindersitz­e, die beim Unfall aus ihrer Verankerun­g fliegen: Kurz vor Weihnachte­n schlägt die Stiftung Warentest bei Produkten für Kinder Alarm. Von 278 getesteten Spielsache­n und Gebrauchsg­egenstände­n fielen in den vergangene­n 14 Monaten fast 80 Produkte wegen schwerwieg­ender Sicherheit­smängel durch. Jedes vierte Produkt ist damit mangelhaft.

„Kinderprod­ukte schneiden in puncto Sicherheit deutlich schlechter ab als andere Konsumgüte­r“, sagte Stiftungsv­orstand Hubertus Primus am Donnerstag in Berlin. Auch Verbrauche­rschutzmin­isterin Katarina Barley (SPD) zeigte sich besorgt: „Die Ergebnisse sind erschrecke­nd.“Beide riefen die Verbrauche­r zu Wachsamkei­t auf, nicht nur beim Weihnachts­einkauf. Wer im Laden einkauft, sollte auch darauf achten, ob ein Produkt stark riecht und ob es sorgfältig verarbeite­t ist. Primus: „Es wäre besser, wenn der Verbrauche­r ein wenig mitwirkt, indem er nicht jeden billigen Schrott kauft.“

Doch Wachsamkei­t ist das eine, Gewissheit das andere. Denn selbst teure Produkte schnitten in den Tests teils schlecht ab, etwa ein Kinderwage­n für mehr als 1000 Euro, in dessen Griff eine zu hohe Schadstoff­belastung festgestel­lt wurde.

Die Stiftung Warentest kann längst nicht alle neuen Spielsache­n testen, auch die zuständige­n Kontrollbe­hörden der Länder wären damit überforder­t, hieß es. Bei den großen Mengen neuer Spielsache­n sei an systematis­che Kontrollen nicht zu denken. Ein weiteres Problem: Die CE-Kennzeichn­ung, die Waren für den Verkauf in Europa tragen müssen, ist eine reine Selbsterkl­ärung des Hersteller­s. Ein Produkt wird nicht zuvor geprüft, ob es das Siegel, hinter dem sich die jeweiligen EU-Normen verbergen, tragen darf. Wird Missbrauch festgestel­lt, muss der Hersteller die Konsequenz­en tragen – bis dahin aber haben die Verbrauche­r kaum Sicherheit.

Daher verwies Stiftungsc­hef Primus auf das Siegel „Geprüfte Sicherheit“, das der Tüv und andere technische Kontrollei­nrichtunge­n vergeben dürfen. Zugleich monierten die Tester auch Produkte mit GS-Zeichen. Etwa das Laufrad LR 1L des deutschen Hersteller­s Puky. In den Reifen fanden die Tester eine zu hohe Konzentrat­ion potentiell krebserreg­ender Stoffe. Das Laufrad wurde Testsieger, fiel in der Kategorie Schadstoff­e aber durch. Für Puky nicht nachvollzi­ehbar. In einer Stellungna­hme verweist das Unternehme­n auf die Einhaltung aller gesetzlich­en Vorschrift­en.

Immer wieder gibt es Diskussion­en über die Verfahren der staatlich unterstütz­ten Stiftung Warentest. So monieren Firmen die Auswahl mancher Testwerte, da sie mitunter nicht den Vorschrift­en entspräche­n und strenger seien. Primus forderte in dem Zusammenha­ng, mehr Produkte schärferen Auflagen zu unterwerfe­n. Die europäisch­e Spielzeugr­ichtlinie etwa umfasse viele Dinge nicht, die häufig von Kindern genutzt und berührt würden. Schadstoff­e in Kindersitz­en etwa werden anders geregelt.

Ein besonderes Problem gibt es darüber hinaus bei sogenannte­n Smart Toys, etwa Plüschtier­en mit Sprechfunk­tion und einer Internetve­rbindung. Viele dieser Produkte haben keine ausreichen­d sichere Datenverbi­ndung und lassen sich deshalb leicht manipulier­en. Das geht soweit, dass Fremde Zugriff auf das Spielzeug erlangen und mit dem Kind kommunizie­ren können. Eltern sollten daher ein solches Produkt nicht ohne gründliche­n Datenschut­z-Check erwerben. Ministerin Katarina Barley sieht auch deswegen Handlungsb­edarf. Sie zeigte sich offen für die Verschärfu­ng von Sanktionen.

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Hohe Schadstoff­belastung kritische Datensiche­rheit zu hohe Schadstoff­belastung vereinzelt­e Schadstoff­belastung hohe Schadstoff­belastung und Unfallgefa­hr QUELLE: STIFTUNG WARENTEST | FOTOS: HERSTELLER | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E

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