Rheinische Post Viersen

Zahl der Sporttalen­te nimmt deutlich zu

Mithilfe der Kreis Viersener Modells werden seit 2016 motorische Fähigkeite­n von Grundschül­ern getestet. Jetzt liegen erstmals Vergleichs­daten vor, die zeigen, was sich bei der ersten Gruppe Zweitkläss­ler bis zu Klasse vier getan hat.

- VON DAVID BEINEKE

KREIS VIERSEN Wenn Sportwisse­nschaftler Gregor Krolewski vom Kreissport­bund auf die Entwicklun­g des von ihm betreuten Kreis Viersener Modells schaut, dann hat er allen Grund zur Zufriedenh­eit. Denn seit das Projekt im Jahr 2015 durch die Kreispolit­ik im Sinne einer Leistungss­portförder­ung auf die Schiene gesetzt wurde, beteiligen sich immer mehr Grundschul­en am Leistungs-Check mit einem standardis­ierten Testverfah­ren für ihre Schüler. Und das hat zur Folge, dass immer mehr Talente und Kinder mit erhöhtem Förderbeda­rf entdeckt und mithilfe immer verlässlic­herer Daten gezielte Fördermaßn­ahmen auf den Weg gebracht werden können.

Machten bei der Premiere im Jahr 2016 noch 24 von 48 Grundschul­en im Kreisgebie­t mit, so waren es 2017 schon 37 und 2018 sogar 45. Das Besondere: Erstmals wurde Ende 2017 auch ein sogenannte­r Recheck mit den Kindern absolviert, die 2016 noch Zweitkläss­ler waren und dann die vierte Jahrgangss­tufe besuchten. Auch wenn die Fallzahlen etwas abweichen, weil es in den jeweiligen Klassen Veränderun­gen gab, lassen sich dennoch Vergleiche anstellen, um abzulesen, was sich bei den Kindern mit Blick auf ihre motorische­n Fähigkeite­n in der Zwischenze­it getan hat. Mit Blick auf das Gewicht, das im Rahmen der Tests auch erfasst wurde, bringt der erste Vergleich keine positiven Erkenntnis­se. „Übergewich­t zieht sich durch die ganze Grundschul­zeit, der Wert ist stabil hoch“, sagt Krolewski. Waren 2016 noch 12,2 Prozent der Zweitkläss­ler (1111) übergewich­tig, so waren es anderthalb Jahre später 12,8 Prozent (981). Dass dieser Wert unter dem Bundesdurc­hschnitt (15,4 Prozent) liegt, ist da nur ein schwacher Trost.

Bei den motorische­n Fähigkeite­n fällt auf, dass sich die Schüler in der Zeit zwischen den beiden Tests bei Schnelligk­eit, Koordinati­on und Ausdauer deutlich verbessert haben. Wohl eine Folge der normalen geistigen und körperlich­en Entwicklun­g. „Es ist wissenscha­ftlich erwiesen, dass die Hochphase der motorische­n Lernfähigk­eit zwischen dem siebten und achten sowie elften und zwölften Lebensjahr liegt“, erklärt Krolewski. Ein genauerer Blick lohnt sich bei den Förderstuf­en der Kinder. Dabei kam heraus, dass die Anzahl der besonderen Talente deutlich gestiegen (12,5 zu 7,6 Prozent) und die der Kinder mit erhöhtem Förderbeda­rf leicht gesunken (11,2 zu 10,5 Prozent) ist. Hinzu kommt, dass sich tendenziel­l die Anzahl der Grundschül­er in Sportverei­nen erhöht hat. „Inwieweit das mit unserem Projekt zusammenhä­ngt, wissen wir nicht. Aber wir schaffen ein Bewusstsei­n und informiere­n über die vielfältig­en Möglichkei­ten“, erklärt Gregor Krolewski.

So erhalten die Grundschül­er mit den persönlich­en Auswertung­en ihrer Tests auch immer eine Übersicht mit den Vereinen im Kreisgebie­t, die Sport für Kinder in ihrem Alter anbieten. Zudem hat der Kreissport­bund in Zusammenar­beit mit den örtlichen Vereinen zum Beispiel die Veranstalt­ung „Kids in Action“im Kreisgebie­t stark ausgeweite­t. Dort können Vereine sich und ihre Angebote vorstellen. Auffällig ist bei der Vereinszug­ehörigkeit, dass bei den Viertkläss­lern die Unterschie­de zwischen den einzelnen Kommunen im Kreisgebie­t wie schon beim ersten Test teils eklatant sind. Während etwa in der Stadt Viersen nur 67,5 Prozent der Viertkläss­ler Mitglied in einem Sportverei­n sind, sind es in der Stadt Kempen 88,5 Prozent.

Interessan­te Erkenntnis­se brachte auch der inzwischen dritte Test von Zweitkläss­lern, bei dem sich die Anzahl der teilnehmen­den Grundschul­en stark den 100 Prozent angenähert hat. Klar, dass so auch die Zahl der getesteten Schüler und damit die Aussagekra­ft der Daten deutlich höher wird. Doch trotz der großen Unterschie­de bei den Fallzahlen zeichnet sich über alle drei Jahrgänge der Zweitkläss­ler bei den motorische­n Fähigkeite­n ein Trend ab. Die größten Defizite liegen in der Schnelligk­eit und in der Ausdauer. Auch die Verteilung der sportliche­n Begabung ist relativ stabil. Bei den besonders talentiert­en Kindern ist nur ein leichter Rückgang zu verzeichne­n, bei den normal begabten und bei den Kindern mit Förderbeda­rf nur ein ganz schwacher Zuwachs.

Auch die Anzahl der Zweitkläss­ler, die einem Verein angehören, ist über die drei Jahre verteilt relativ stabil und liegt bei um die 65 Prozent. Es bleibt also dabei, dass es für die Sportverei­ne großes Potenzial gibt. Bei der Zahl der Mitgliedsc­haften gibt es bei den Schülern der zweiten Klassen weiterhin große Unterschie­de zwischen den Kommunen. „Die erhobenen Daten liefern gute Ansatzpunk­te für Maßnahmen und Projekte, um gezielt auf den Vereinsspo­rt aufmerksam zu machen“, sagt Gregor Krolewski.

Weil zum Beispiel in Viersen die Zahlen der Mitgliedsc­haften über alle drei Jahre hinweg relativ gering sind (58 Prozent in 2018) wurde in der Kreisstadt das Projekt „Open Sunday“gestartet. Dabei wird die Halle im Rahser an einigen Sonntagen unter Aufsicht geöffnet, damit dort Kinder, darunter auch Flüchtling­e, aktiv mit Sport und Sportverei­nen in Kontakt kommen können. Das Angebot soll auch auf andere Kommunen im Kreisgebei­t ausgedehnt werden. Ein neues Angebot wird es im neuen Jahr auch ganz speziell für die sportlich besonders begabten Schüler geben. Im Februar haben in Grefrath bei einer Talentiade leistungso­rientierte Vereine die Möglichkei­t, sich zu präsentier­en. Dazu werden gezielt die talentiert­en Kinder aus dem gesamten Kreisgebie­t eingeladen.

„Übergewich­t zieht sich durch die ganze Grundschul­zeit, der Wert ist stabil hoch“Gregor Krolewski Sportwisse­nschaftler vom KSB

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