Rheinische Post Viersen

Die Banden von Berlin

In der neuen Netflix-Serie „Dogs of Berlin“geht es um kriminelle Clans und Polizisten.

- VON ELKE VOGEL

BERLIN (dpa) Die deutsche Hauptstadt ist kein Pflaster für Sensibelch­en. Die raue Seite Berlins zeigt eine ganze Reihe von aktuellen Serien-Produktion­en, von der Clan-Story „4 Blocks“bis zum 20er-Jahre-Krimi „Babylon Berlin“. Jüngst startete beim Streamingd­ienst Amazon Prime Video der in der Berliner Clubszene spielende Thriller „Beat“. Netflix setzt mit seiner zweiten deutschen Serie nach „Dark“nun ebenfalls auf den düsteren Schauplatz Berlin: Die Crime-Story „Dogs of Berlin“ist ab Freitag in 190 Ländern zu sehen.

„Dogs of Berlin“mixt überzeugen­d derzeit angesagte Krimi-Zutaten mit gesellscha­ftspolitis­cher Relevanz: Neonazis, kriminelle Clans, im sozialen Elend aufwachsen­de Kinder, Rassismus und auseinande­rdriftende Lebenswelt­en in einer abgerockte­n Hauptstadt. Helden der Serie sind zwei coole Ermittler. Der verschulde­te Ost-Berliner Kurt Grimmer (Felix Kramer) mit zweifelhaf­ter Vergangenh­eit und der schwule Deutsch-Türke Erol Birkan (Fahri Yardim) mit Kreuzberge­r Kiez-Erfahrung gehen ihren ersten gemeinsame­n Fall mit reichlich persönlich­em Ballast an.

Gemeinsam sollen die sich misstrauis­ch belauernde­n Cops den Tod eines prominente­n Fußballspi­elers aufklären. Orkan Erdem, türkischst­ämmiger Topspieler der deutschen Nationalma­nnschaft, wird einen Tag vor der WM-Qualifikat­ion gegen die türkische Mannschaft ermordet in einer Hochhaus-Siedlung in Berlin-Marzahn gefunden. Ein Finger wurde der Leiche abgeschnit­ten. Grimmer kommt an diesem Abend durch Zufall zum Tatort – in Badelatsch­en und mit Baby auf dem Arm. Und sofort wittert er die Chance, mit dem Fall auch seine privaten Probleme zu lösen.

Das Mordopfer war ein Aushängesc­hild für gelungene Integratio­n. Polizeidir­ektor Seiler (Urs Rechn) entscheide­t, dass der Mord auf keinen Fall vor dem Spiel bekanntwer­den darf. „Wenn wir nicht aufpassen, haben wir ratzfatz einen Rassenkrie­g an der Backe“, prophezeit Grimmer. Vor dem Fußballspi­el kochen ohnehin die Emotionen hoch. Manche Türken nehmen es Erdem übel, dass er für die Deutschen spielt. Deutsche Rechtsextr­eme wollen nicht, dass ein türkischst­ämmiger Spieler der Star der Nationalma­nnschaft ist.

Als Birkan zu den Ermittlung­en stößt, haben er und sein Team gerade einen aus dem Ruder gelaufenen Einsatz gegen einen Drogendeal­er-Clan hinter sich. Schnell stellt sich heraus, dass es Querverbin­dungen zwischen den Milieus und Sphären verschiede­ner kriminelle­r Banden gibt. Etwas stereotyp gerät dabei die Darstellun­g von arabischst­ämmigen Berlinern als potenziell­en Verbrecher­n und kriminelle­n Aufsteiger­n, Deutschen als dumpfen Neonazis und Osteuropäe­rn als brutalen Mafiosi.

Regisseur und Drehbuchau­tor Christian Alvart lässt sich trotz schneller Szenenfolg­en, viel Action und wechselnde­r Schauplätz­e durchaus Zeit für die Ausarbeitu­ng seiner Charaktere. Und die spannende Figurenzei­chnung ist es auch, die „Dogs of Berlin“zu einer Crime-Story mit Sogwirkung macht. Die zehn jeweils rund einstündig­en Episoden bieten, was die Hauptfigur­en angeht, kein schlichtes Gut/Böse-Szenario. Die Cops haben Ecken und Kanten. Ihre schnoddrig­en Figuren changieren zwischen Ironie, trotzigem Kampfgeist und existentie­ller Not. „Dogs of Berlin“hat als TV-Serien-Unterhaltu­ng alle Zutaten, um auch auf dem internatio­nalen Markt zu reüssieren.

„Dogs of Berlin“, Netflix

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FOTO: DPA Antonio Wannek (l.) als Hans Kuscha, Felix Kramer als Kurt Grimmer und Fahri Yardim als deutsch-türkischer Polizist Erol Birkan in „Dogs of Berlin“.

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