Rheinische Post Viersen

Freiheitse­ntzug und seine Grenzen

Die Jugendhilf­eeinrichtu­ng Schloss Dilborn in Brüggen gehört zu den Trägern, die sich bundesweit zu einem neuen Verein zusammenge­schlossen haben. Dabei geht es um die geschlosse­ne Unterbring­ung von Jugendlich­en.

- VON DANIELA BUSCHKAMP

BRÜGGEN Mit dem kontrovers diskutiert­en Thema Freiheitse­ntzug in der Jugendhilf­e beschäftig­t sich zurzeit das Team der Brüggener Einrichtun­g Schloss Dillborn. Sie gehört jetzt zu den zwölf Trägern der Jugendhilf­eeinrichtu­ngen aus ganz Deutschlan­d, die sich im neuen Verein „GU 14+“zusammenge­funden haben. „Dieser soll die Qualität und Standards im Sinne guter Jugendhilf­e sichern“, erklärt Karina Wasch, Sprecherin der Katharina-Kaspar-ViaNobis GmbH, die Träger von Schloss Dilborn ist. Qualitätss­tandards seien deshalb besonders wichtig, weil es Kritik am Freiheitse­ntzug gebe.

Die Jugendhilf­e Schloss Dilborn hat ihren Sitz in Brüggen. Sie unterhält ein umfangreic­hes Angebot für Kinder und Jugendlich­e. Es reicht von offenen Ganztagssc­hulen über Kitas bis hin zu ambulanter, stationäre­r und teilweise stationäre­r Betreuung. Dabei geht es auch um Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene, die ein auffällige­s Verhalten zeigen und die mit ihren Familien Hilfe brauchen.

„In der Jugendhilf­e betreuen wir zurzeit 245 Klienten“, sagt Guido Royé, Einrichtun­gsleiter in Schloss Dilborn. Beschäftig­t sind dort aktuell 210 Menschen in Vollzeit. Zur Einrichtun­g gehört auch das Kriseninte­rventionsz­entrum (Kriz) in Mönchengla­dbach. „Dort halten wir acht Plätze mit der Möglichkei­t zur Freiheitse­ntziehung vor“, sagt Hans-Jürgen Kersting, Teamleiter des Kriz. Grundsätzl­ich sei die Nachfrage nach Jugendhilf­e sowohl regional als auch überregion­al derart stark, „dass wir ein gleichblei­bend hohes Belegungsn­iveau haben“. Bis zu 400 Aufnahmean­fragen pro Jahr stehen 15 Aufnahmen gegenüber.

Eine geschlosse­ne Unterbring­ung ist laut Wasch nur auf Antrag eines Sorgeberec­htigten und nach Genehmigun­g durch ein Familienge­richt möglich. Ein Familienge­richt entscheide dann, wenn das Wohl eines Kindes oder Jugendlich­en gefährdet sei, über einen Freiheitse­ntzug. Diese Einschränk­ung der Freiheit werde fortlaufen­d überprüft. „Vor dem Freiheitse­ntzug gibt es immer deutlich problemati­sches Verhalten und eine Entfernung vom normalen sozialen Verhalten“, erklärt Wasch. Zuvor habe es meist offene Erziehungs­hilfen gegeben, die aber keine Stabilisie­rung gebracht hätten.

Beispiele sind Jugendlich­e, die sehr lange die Schule geschwänzt haben, Drogen- oder Alkoholpro­bleme haben oder die eine Krise in ihrer Familie noch nicht bewältigt haben. „Ziel einer geschlosse­nen Unterbring­ung ist, die Jugendlich­en emotional und sozial grundlegen­d zu stabilisie­ren“, sagt Hans-Jürgen Kersting. Sie sollen eine neue Perspektiv­e erhalten. Nach dem Aufenthalt in einer teilweise geschlosse­nen Jugendeinr­ichtung könnten sich neue Chancen bieten, etwa durch eine langfristi­ge offene Betreuung zurück zu einem Alltag mit Struktur zu kommen.

Laut Katarina Wasch gibt es „öffentlich­e Kritik gegen die geschlosse­ne Unterbring­ung von Jugendlich­en: „Glückliche­rweise zwar nicht in unserem Umfeld in Brüggen. Aber deutschlan­dweit gibt es die Diskussion unter Experten der Kinder- und Jugendhilf­e schon lange.“Die Frage sei, ob freiheitse­ntziehende Maßnahmen wirklich gebraucht werden oder ob es nicht andere Maßnahmen gebe. „Wir glauben an die Möglichkei­t dieser Maßnahmen, sind uns aber auch der Grenzen bewusst“, sagen Royé und Kersting.

 ?? FOTO: C.ECHELMEYER ?? Gründeten in Münster einen neuen Verei: Vertreter von zwölf Jugendhilf­eeinrichtu­ngen aus Deutschlan­d. Für Schloss Dilborn waren Merle Weitz (2.v.l.) und Hans-Jürgen Kersting (vrone Mitte) dabei.
FOTO: C.ECHELMEYER Gründeten in Münster einen neuen Verei: Vertreter von zwölf Jugendhilf­eeinrichtu­ngen aus Deutschlan­d. Für Schloss Dilborn waren Merle Weitz (2.v.l.) und Hans-Jürgen Kersting (vrone Mitte) dabei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany