Freiheitsentzug und seine Grenzen
Die Jugendhilfeeinrichtung Schloss Dilborn in Brüggen gehört zu den Trägern, die sich bundesweit zu einem neuen Verein zusammengeschlossen haben. Dabei geht es um die geschlossene Unterbringung von Jugendlichen.
BRÜGGEN Mit dem kontrovers diskutierten Thema Freiheitsentzug in der Jugendhilfe beschäftigt sich zurzeit das Team der Brüggener Einrichtung Schloss Dillborn. Sie gehört jetzt zu den zwölf Trägern der Jugendhilfeeinrichtungen aus ganz Deutschland, die sich im neuen Verein „GU 14+“zusammengefunden haben. „Dieser soll die Qualität und Standards im Sinne guter Jugendhilfe sichern“, erklärt Karina Wasch, Sprecherin der Katharina-Kaspar-ViaNobis GmbH, die Träger von Schloss Dilborn ist. Qualitätsstandards seien deshalb besonders wichtig, weil es Kritik am Freiheitsentzug gebe.
Die Jugendhilfe Schloss Dilborn hat ihren Sitz in Brüggen. Sie unterhält ein umfangreiches Angebot für Kinder und Jugendliche. Es reicht von offenen Ganztagsschulen über Kitas bis hin zu ambulanter, stationärer und teilweise stationärer Betreuung. Dabei geht es auch um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die ein auffälliges Verhalten zeigen und die mit ihren Familien Hilfe brauchen.
„In der Jugendhilfe betreuen wir zurzeit 245 Klienten“, sagt Guido Royé, Einrichtungsleiter in Schloss Dilborn. Beschäftigt sind dort aktuell 210 Menschen in Vollzeit. Zur Einrichtung gehört auch das Kriseninterventionszentrum (Kriz) in Mönchengladbach. „Dort halten wir acht Plätze mit der Möglichkeit zur Freiheitsentziehung vor“, sagt Hans-Jürgen Kersting, Teamleiter des Kriz. Grundsätzlich sei die Nachfrage nach Jugendhilfe sowohl regional als auch überregional derart stark, „dass wir ein gleichbleibend hohes Belegungsniveau haben“. Bis zu 400 Aufnahmeanfragen pro Jahr stehen 15 Aufnahmen gegenüber.
Eine geschlossene Unterbringung ist laut Wasch nur auf Antrag eines Sorgeberechtigten und nach Genehmigung durch ein Familiengericht möglich. Ein Familiengericht entscheide dann, wenn das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen gefährdet sei, über einen Freiheitsentzug. Diese Einschränkung der Freiheit werde fortlaufend überprüft. „Vor dem Freiheitsentzug gibt es immer deutlich problematisches Verhalten und eine Entfernung vom normalen sozialen Verhalten“, erklärt Wasch. Zuvor habe es meist offene Erziehungshilfen gegeben, die aber keine Stabilisierung gebracht hätten.
Beispiele sind Jugendliche, die sehr lange die Schule geschwänzt haben, Drogen- oder Alkoholprobleme haben oder die eine Krise in ihrer Familie noch nicht bewältigt haben. „Ziel einer geschlossenen Unterbringung ist, die Jugendlichen emotional und sozial grundlegend zu stabilisieren“, sagt Hans-Jürgen Kersting. Sie sollen eine neue Perspektive erhalten. Nach dem Aufenthalt in einer teilweise geschlossenen Jugendeinrichtung könnten sich neue Chancen bieten, etwa durch eine langfristige offene Betreuung zurück zu einem Alltag mit Struktur zu kommen.
Laut Katarina Wasch gibt es „öffentliche Kritik gegen die geschlossene Unterbringung von Jugendlichen: „Glücklicherweise zwar nicht in unserem Umfeld in Brüggen. Aber deutschlandweit gibt es die Diskussion unter Experten der Kinder- und Jugendhilfe schon lange.“Die Frage sei, ob freiheitsentziehende Maßnahmen wirklich gebraucht werden oder ob es nicht andere Maßnahmen gebe. „Wir glauben an die Möglichkeit dieser Maßnahmen, sind uns aber auch der Grenzen bewusst“, sagen Royé und Kersting.