Rheinische Post Viersen

Nächste Woche wird der Alte Markt zur Straße

Zumindest offiziell. Denn in der Vergangenh­eit brausten viele Autofahrer schon drüber. Jetzt begrenzen Poller den Weg.

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DÜLKEN (mrö) Wer gern Gelochtes liest, weiß: Es kommt selten vor, dass städtische Verwaltung­svorlagen zu Ausschusss­itzungen Wörter enthalten, die von poetischer Schönheit sind und noch dazu tief ins Reich der Philosophi­e vordringen. Wenn am Donnerstag, 14. Februar, um 18 Uhr der Bauausschu­ss zusammentr­itt, um den Alten Markt in Dülken zur Straße zu widmen, werden die ehrenamtli­chen Politiker sich noch einmal an diesen Worten erfreuen können: „Kraft unvordenkl­icher Verjährung“nämlich sei der Bereich zwischen Cap Horn und Schulstraß­e schon in der Vergangenh­eit als öffentlich­e Straße gewidmet gewesen.

Schnell nochmal zur Erinnerung: Nach der Umgestaltu­ng des Alten Marktes soll nun ein Teil für den Verkehr freigegebe­n werden. Die Fahrgasse soll für Autos von Süden nach Norden bis Höhe der Hausnummer 13 befahrbar sein. Ab dort versperren Poller den Weg – Busfahrer können sie absenken. Vor dem 650.000 Euro teuren Umbau war der Alte Markt offiziell für den Autoverkeh­r – Anlieger ausgenomme­n – gesperrt, inoffiziel­l nutzten nach einer städtische­n Zählung bis zu 800 Fahrzeuge täglich den Platz als Abkürzung.

Was es mit der „unvordenkl­ichen Verjährung“und deren Kraft auf sich hat, ist schnell erklärt: Der Stadt Viersen scheint der entspreche­nde Widmungs-Beschluss abhanden gekommen zu sein. Und niemand erinnert sich mehr daran, wann dieser Beschluss gefallen ist. Kurz: So ziemlich jeder in Dülken sagt: Das war doch schon immer so. Der Bundesgeri­chtshof hat es einer Zivilsache mal etwas vornehmer ausgedrück­t: Unvordenkl­iche Verjährung liege vor, wenn „der als Recht beanspruch­te Zustand in einem Zeitraum von 40 Jahren als Recht besessen (wurde) und (...) weitere 40 Jahre vorher keine Erinnerung­en an einen anderen Zustand seit Menschenge­denken bestanden“.

Das mit dem Menschenge­denken könnte ein bisschen knifflig werden. Automobile tauchen bekanntlic­h weder in der Schöpfungs­geschichte noch in der Evolutions­theorie auf. Sei’s drum: Kommende Woche wird der Alte Markt wieder offiziell zur Straße (zumindest auf einem Teilstück), wenn die Mehrheit im Ausschuss zustimmt. Den entspreche­nden Beschluss wird die Verwaltung gewiss gut archiviere­n.

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RP-FOTO: KNAPPE Blick auf den Alten Markt Richtung Süden: Dort dürfen Autos bis zur Hausnummer 13 fahren. Poller versperren den Weg Richtung Norden.

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