Rheinische Post Viersen

Falken legten die Kirchturmu­hr lahm

- VON BIANCA TREFFER

Aufmerksam­en Bürgern ist es aufgefalle­n: Die Turmuhr von St. Johannes in Anrath stand für einige Tage. Grund war ein Wasserscha­den im Turm, verursacht durch eine tote Taube.

ANRATH Seit Anfang dieser Woche zeigt die Turmuhr von St. Johannes wieder die korrekte Zeit an. Das war in der Woche zuvor nicht der Fall. Wer hinauf zum Kirchturm blickte und auf die Uhr schaute, bekam 24 Stunden lang dieselbe Auskunft: 14.50 Uhr.

Für Küster Peter Materlik bedeutete dies, Turm aufschließ­en und über die 138 Stufen hinauf in luftige Höhen zu steigen, um zu prüfen, was mit dem Turmuhrwer­k nicht in Ordnung war. Im Turm wollte er seinen Augen nicht trauen. Aus dem Kirchturm kamen ihm die „Niagara-Fälle“entgegen. Von oben plätschert­e Wasser den Turm hinunter. Nicht nur der Turm als solcher war nass, sondern das gesamte Turmuhrwer­k stand ebenfalls unter Wasser. Der Küster alarmierte den örtlichen Dachdecker­betrieb von Theo Hofer sowie Uhrmacherm­eister Heinrich Stevens, der sich seit Jahren um die Kirchturmu­hr kümmert.

„Ich konnte es nicht fassen, als ich auf den Turm stieg. So etwas haben wir in all der Zeit noch nie erlebt. Wobei uns völlig unklar war, wo das Wasser herkam“, sagt Stevens. Die Ursachenfo­rschung startete und ergab ein merkwürdig­es Ergebnis. Das Ablaufbeck­en im Turm war verstopft, und zwar durch eine tote Taube. Diese muss einer der Falken, der im Anrather Kirchturm lebt, geschlagen und aus welchen Gründen auch immer über dem Ablaufbeck­en verloren haben. Dort war die Taube so unglücklic­h aufgekomme­n, dass sie das Becken verstopfte und der Regen, der am letzten Januar-Wochenende reichlich fiel, nicht mehr ablaufen konnte. Das Becken füllte sich, und dann ergossen sich die Wassermass­en in den Turm, wo sie durch das Gehäuse in die Uhr eindrangen und diese schädigten.

Als Folge dieses unfreiwill­igen Bades mussten zunächst zwei Bautrockne­r in den Kirchturm geschleppt werden. Während das Dachdecker­unternehme­n an einer neuen bautechnis­chen Lösung arbeitete, damit sich so etwas nicht wiederholt, machte sich Heinrich Stevens an die Instandset­zung des Uhrwerkes. Ein aufwendige­s Unternehme­n, da nicht nur das Wasser restlos entfernt werden musste, sondern auch alle Metallteil­e behandelt werden mussten. Knapp fünf Stunden arbeitete der Uhrmacherm­eister an dem historisch­en Schätzchen.

Seit Anfang dieser Woche geht die Uhr nun wieder und gibt wieder die korrekte Zeit an. „Dank der schnellen Reaktion aller Beteiligte­r konnten größere Folgeschäd­en verhindert werden. Hier zeigte sich wieder einmal, dass sich das örtliche Handwerk mit der Kirche St. Johannes verbunden fühlt und in einem Notfall schnell und unkomplizi­ert agiert“, lobt Heinrich Stevens. Nicht zu vergessen ist aber auch seine Arbeit, die er immer wieder in die Kirchturmu­hr investiert, damit sie allen Bürgern schon von Weitem die Uhrzeit angibt.

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FOTO: WOLFGANG KAISER Uhrmacherm­eister Johannes Steves und sein Sohn Lucas Steves zeigen das Werk der Kirchturmu­hr.

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