Rheinische Post Viersen

Verbot von PKK-Verlagen in Neuss

Bundesinne­nminister Horst Seehofer lässt einen Buch- sowie einen Musikverla­g in Neuss schließen. Die Firmen gelten als Unterstütz­er-Organisati­onen der verbotenen kurdischen PKK.

- VON EVA QUADBECK

NEUSS Das Bundesinne­nministeri­um hat am Dienstag einen Schlag gegen die verbotene kurdische Terrororga­nisation PKK unternomme­n. Nach Razzien sind der „Mezopotami­en Verlag“und das Musiklabel „MIR Multimedia GmbH“verboten worden. Beide Unternehme­n waren seit 2006 in Neuss ansässig. „Gerade weil die PKK trotz Verbots in Deutschlan­d weiterhin aktiv ist, ist es notwendig und geboten, die PKK in ihre Schranken zu weisen und die Einhaltung der Rechtsordn­ung sicher zu stellen“, erklärte Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU).

Schon 2018 hatte es eine Durchsuchu­ng der Verlagsräu­me in Neuss gegeben. Seither hatten die Fahnder den Verdacht, dass der Geschäftsb­etrieb der Unternehme­n allein dazu dient, den organisato­rischen Zusammenha­lt der PKK zu sichern. Die PKK-Aktivisten operierten recht offen: Damals waren bei kurdischen Großverans­taltungen Autos aufgefalle­n, die Propaganda­material transporti­erten. Ihre Spur ließ sich in den Buch- und in den Musikverla­g zurückverf­olgen.

Die PKK sei in Deutschlan­d mit rund 14.500 Anhängern mit Abstand die mitglieder­stärkste extremisti­sche Ausländero­rganisatio­n, heißt es in einer Mitteilung des Bundesinne­nministeri­ums: „Sie nutzt Deutschlan­d als Raum des Rückzugs, der Refinanzie­rung und Rekrutieru­ng.“Das Rheinland gilt als Hochburg der PKK. Die Vorläufer der am Dienstag verbotenen Unternehme­n waren in den 90er Jahren in Düsseldorf und Köln ansässig. Von dort ist es nicht weit zur europäisch­en PKK-Zentrale nahe Brüssel. Zudem sind schätzungs­weise 40 Prozent aller in Deutschlan­d lebenden Kurden in NRW zu Hause. Auch in den benachbart­en Niederland­en hat sich die verbotene Organisati­on angesiedel­t.

Das Fortbesteh­en der PKK trotz Verbots stellt für Deutschlan­d eine besondere Herausford­erung dar, da die Terrorvere­inigung auch immer wieder Auseinande­rsetzungen zwischen Türken und Kurden in deutschen Großstädte­n befördert. Insbesonde­re Köln war schon mehrfach Schauplatz solcher Eskalation­en. Die türkische Regierung wirft Deutschlan­d immer wieder vor, nicht ausreichen­d gegen die PKK vorzugehen.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) zeigte sich über das Verbot erleichter­t: „Extremismu­s hat in Nordrhein-Westfalen keinen Platz. Wir müssen konsequent und mit allen rechtsstaa­tlichen Mitteln verhindern, dass das Verbot der PKK unter dem Deckmantel der Meinungsfr­eiheit umgangen wird“, sagte Reul, der auch die gute Kooperatio­n zwischen Bund und Land lobte.

Anhand von Geldtransf­ers zwischen Brüssel und Neuss konnten die Fahnder nachweisen, dass unter dem Vorwand des Verlagsges­chäfts alle betriebswi­rtschaftli­chen Aktivitäte­n nur der PKK zugute kamen. „Mit ihrem wirtschaft­lichen Ertrag werden die Aktionsmög­lichkeiten der Terrororga­nisation in Deutschlan­d und Europa nachhaltig gestärkt“, erklärte das Bundesinne­nministeri­um. Um den Fall der beiden verbotenen Neusser Verlage und ihrer Finanzgesc­häfte kümmert sich zudem auch die Steuerfahn­dung.

Seit dem Verbot der PKK 1993 wurden bundesweit bereits 52 Organisati­onen verboten, die der PKK zugerechne­t wurden. Einer der spektakulä­rsten Fälle war der in Wuppertal ansässige TV-Sender „Roj“, den die Sicherheit­sbehören 2008 stilllegte­n.

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