Selbstbewusster dank Schiedsrichterei
Lena Mertens aus der Fußballabteilung des TSV Kaldenkirchen gehört zu den Frauen, die sich im Schiedsrichterwesen behaupten wollen. Dass sie sich durchgebissen hat, hat sie auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weitergebracht.
NETTETAL Schiedsrichterinnen sind im Fußball immer noch eine seltene Spezies. Doch es gibt sie, die Frauen, die sich nicht davor scheuen, sich Woche für Woche für vermeintliche Fehlentscheidungen im besten Fall flapsige Sprüche anzuhören. Gerade, wenn sie auch bei den Männern pfeifen. Eine von ihnen ist die Nettetalerin Lena Mertens, die jetzt im Rahmen der Aktion „Danke Schiri“für ihre besonderen Verdienste um das Schiedsrichterwesen vom Fußballkreis Kempen/Krefeld ausgezeichnet wurde. „Es ist schön, dass man auf diese Weise auch mal ein Danke bekommt“, sagt die 21-Jährige vom TSV Kaldenkirchen.
Seit 2015 pfeift Mertens regelmäßig. „Mein damaliger Freund war Schiedsrichter, und ich immer bei den Spielen dabei“, erklärt sie ihre Beweggründe für das außergewöhnliche Hobby. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich so erfolgreicher sein kann als als Spielerin.“Mittlerweile leitet die angehende Polizeibeamtin Partien der Frauen-Regionalliga West und hat sich bei den Herren bis zur Bezirksliga hochgearbeitet. Bei denen passiere zwar mehr und das Spiel sei allgemein hektischer, dennoch habe sie den Eindruck, dass vor allem die Trainer und Betreuer rücksichtsvoller mit ihr umgehen würden. „Ich kann aber auch mal einen Spruch vertragen. Nach dem Spiel gibt man sich dann die Hand und alles ist wieder gut“, sagt sie. Zwar sei es so, dass man gewisse Situationen bei den Frauen eher unterbinde, an ihrer Linie halte sie aber immer fest: „Am Anfang versuche ich, relativ kleinlich zu pfeifen, um schnell Ruhe reinzubekommen. Wenn ich dann aber sehe, dass die Mannschaften das annehmen, lasse ich das Spiel auch mal laufen.“ Mertens‘ großes Vorbild ist Bibiana Steinhaus. Die 39-Jährige ist die erste Schiedsrichterin, die im deutschen Profifußball Spiele bei den Männern leitet.
So weit denkt die junge Schiedsrichterin zwar noch nicht, hat für die kommenden Jahre aber durchaus ambitionierte Ziele. „Ich möchte bei den Frauen in die 2. Bundesliga und bei den Herren in die Oberliga. Je höher, desto besser“, verrät sie. Dass eine junge Frau mit so viel Herzblut pfeift, ist keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder werben die Verbände und Kreise um Schiedsrichter und starten Kampagnen, weil der Nachwuchs fehlt. Auch Mertens
trägt ihren Teil dazu bei, hält bei Lehrgängen Referate und berichtet bei Arbeitstagungen über wesentliche Vorteile des Schiedsrichterwesens im Fußball. „Das Problem ist, dass viele den Anwärter-Lehrgang machen, nach einem Jahr aber wieder aufhören. Auch bei mir war es am Anfang mit Sicherheit nicht immer schön, als ich in den untersten Klassen gepfiffen habe, deshalb muss man den Leuten nahebringen, dass es schnell auch hochgehen kann“, erklärt sie.
Die Vorteile des Pfeifens kann Mertens an sich selber am besten beobachten: „Zu Beginn war ich eher ruhig, aber ich habe mich persönlich extrem weiterentwickelt. Heute bin ich viel selbstbewusster und konfliktfähiger.“