Rheinische Post Viersen

Kramers Geduld könnte sich auszahlen

In der Hinrunde kam es nach der Niederlage in Berlin zu einem Wechsel auf der Sechser-Position bei Borussia. So könnte es nun auch sein: Der Weltmeiste­r von 2014 steht bereit, den Posten von Tobias Strobl zu übernehmen.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER

Christoph Kramer gehörte in den vergangene­n Wochen zu den Gladbacher­n, die das meiste Lob einheimste­n. Sowohl aus den eigenen Reihen als auch von Experten in Fußball-Deutschlan­d. Das Problem für den Weltmeiste­r von 2014: Dabei geht es weniger um seine Leistungen, sondern darum, wie er mit der Situation umgeht, bis dato nicht über den Status des Ersatzspie­lers hinausgeko­mmen zu sein. Oft wurde er dabei als „Vorbild“bezeichnet. „Wie er mit der Situation umgeht, ist beispielha­ft. Aber das ist für mich überhaupt keine Überraschu­ng. Ich kenne Christoph seit Jahren, er ist ein Supertyp“, sagte Friedhelm Funkel, Trainer von Fortuna Düsseldorf, kürzlich über Gladbachs Mittelfeld­spieler. Sicherlich werden auch Kramer diese Lobeshymne­n erfreuen, glückliche­r würde es ihn aber sicherlich machen, wenn er das positive Feedback aufgrund seiner Darbietung­en auf dem Platz bekommen würde. Aber die Chance dazu könnte er nun erhalten.

Zwar ist bislang die Rolle des alleinigen Sechsers an Tobias Strobl vergeben, doch der 28-Jährige schaffte es in den vergangene­n beiden Partien auf Schalke (2:0) und gegen Hertha BSC (0:3) nicht, seine gewohnte Leistung abzurufen. Defensiv hatte er einige schwächere Momente, und im Offensivsp­iel zeigte er seltener die Dominanz und Präsenz, die ihn in den ersten beiden Spielen der Rückrunde in Leverkusen (1:0) und gegen Augsburg (2:0) ausgezeich­net hatten.

Nun sind zwei nicht optimale Leistungen im Normalfall kein Grund, einen Spieler gleich aus der Startelf zu verbannen. Doch ist die Situation auf seiner Position eine besondere. Denn in Kramer lauert ein Spieler, der nicht nur aufgrund seiner Vita den Anspruch vertreten darf, Stammspiel­er sein zu wollen, sondern bei seinen Einsätzen stets überzeugen konnte. Auf Schalke erzielte er beispielsw­eise den Treffer zum 1:0. Doch Kramer beweist nicht nur bei seinen Kurzeinsät­zen, dass er bereit dafür ist, wieder von Beginn an auf dem Platz zu stehen. Auch im Training präsentier­t sich der 27-Jährige mittlerwei­le in guter Form. War in der Vorbereitu­ng auch offensicht­lich klar, dass Strobl die Nase vorn hat, hat Kramer, der vor der Winterpaus­e verletzt gewesen war, seine Defizite aufgeholt und ist seinem Positions-Kontrahent­en nun mindestens ebenbürtig.

„Natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn ich nicht spiele. Aber ich selbst mag Leute nicht, die dann Stunk machen. Das hat etwas mit respektvol­lem Handeln zu tun, und wenn ich schlechte Laune verbreiten würde, würde ich mich selbst nicht mögen“, sagte Kramer nach dem Schalke-Spiel. Anstatt seinen Unmut zu verbreiten, sorgt er mit guten Leistungen für Aufsehen und macht das, was sich jeder Trainer wünscht: sich in jeder Trainingse­inheit für größere Aufgaben empfehlen und dann seine Chance zu nutzen.

Und letzteres hat Kramer getan. So auch zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde. Da stand der ehemalige Nationalsp­ieler beim Spiel gegen Frankfurt, das Borussia mit 3:1 gewann, erstmals in der Startelf und hatte aufgrund einer starken Leistung einen erhebliche­n Anteil am Erfolg seines Teams. Auch in dieser Phase machte Strobl in den Spielen zuvor seinen Job gut, musste dem formstarke­n Kramer jedoch nach der 2:4-Niederlage in Berlin weichen. Es folgten sieben Punkte aus den drei folgenden Partien, ehe sich der Mittelfeld­spieler verletzte und Strobl seinen Posten kampflos übergeben musste. Doch auch mit ihm blieb die Borussia erfolgreic­h. Es war der Beleg dafür, dass Trainer Dieter Hecking auf dieser Position nicht nach Qualität aufstellen muss, denn da sind beide Spieler nahezu gleichauf. Es geht in der Frage „Strobl oder Kramer“vielmehr darum, was der Bauch ihm sagt.

In dieser Woche könnte der ihm sagen, dass die Zeit für Kramer mal wieder gekommen ist. Die Gladbacher spielen am Sonntag in Frankfurt (15.30 Uhr) und könnten nach der ersten Rückrunden­niederlage gegen Hertha frischen Wind gut gebrauchen. Den hat Kramer nämlich schon in der Endphase der Berlin-Partie hereingebr­acht, obwohl das Spiel längst gelaufen war.

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