Rheinische Post Viersen

Neue Künstlerin zieht in Lateinschu­le ein

Für ein Jahr wird die Kunstgener­ator-Stipendiat­in Justyna Janetzek in Viersen wohnen und arbeiten. Bürger könnten ihre Projekte demnächst in der Stadt finden. Beim Kunstwettb­ewerb für das Kreisarchi­v belegte sie den zweiten Platz.

- VON SABINE JANSSEN

VIERSEN Was Justyna Janetzek anpackt, macht sie richtig. Und so sehen auch die Wohnräume in der Alten Lateinschu­le aus. Am 22. Januar zog die Bildhaueri­n mit ihrem Freund und gut 30 Topfpflanz­en in Viersen ein. Einen Tag später musste sie für 14 Tage nach Polen, um dort ihre Ausstellun­g zu eröffnen. Sie kam erst jetzt am Montag wieder. Trotzdem sieht das Apartment an der Rektoratst­raße gemütlich aus; keine Kartons, kein Chaos, alle Pflanzen gut platziert.

Die zwölfte Kunstgener­ator-Stipendiat­in stammt gebürtig aus dem polnischen Klosterbrü­ck. Sie studierte erst am Institut für Kunst in Oppeln (Polen), dann an der Kunstakade­mie Münster, war Meistersch­ülerin von Dirk und Maik Löbbert und machte bei ihnen auch ihren Abschluss.

Gut möglich, dass die Viersener Bürger von der früheren Löbbert-Meistersch­ülerin mehr sehen werden als die Abschlussa­usstellung in der Städtische­n Galerie im Dezember. Die 32-jährige Bildhaueri­n arbeitet gern mit Architektu­r und im öffentlich­en Raum. „Ich bin kein Mensch, der im Atelier sitzt und Dinge entwirft. Ich suche den Bezug zur Umgebung und zu den Menschen“, sagt Janetzek.

In ihren Arbeiten setzt sie sich mit Gebäuden, Räumen und Orten auseinande­r. Sie erarbeitet sich die Eigenart eines Ortes und fügt dort ihre luftig-leicht wirkenden Skulpturen ein, die die Besucher anregen sollen, sich mit dem gewohnten Raum neu zu beschäftig­en, ohne aber verstören zu wollen.

Für Viersen hat die Bildhaueri­n schon einige Pläne. „Die Galerie und das Stadthaus sind mir ins Auge gefallen. Möglicherw­eise könnte man da ein Verbindung­sstück installier­en“, sagt Janetzek.

Ihre Metallskul­pturen fertigt sie oft aus Stahl und Eisen. Holz und Industrief­arben gehören auch zu ihren Materialie­n. Oft finden sich auch geometrisc­he Formen in ihren Arbeiten wieder.

An ein früheres Projekt möchte Janetzek in Viersen außerdem anknüpfen. „Es handelt sich um eine Arbeit auf einem Anhänger mit einem performati­ven Charakter. In Dortmund konnte ich es seinerzeit nicht realisiere­n.“

Die Bildhaueri­n beginnt ihre Arbeiten in der Regel mit einem gezeichnet­en Entwurf. Danach stellt sie eine 3D-Simulation her. „Ich mache viel am Computer. So kann ich Arbeiten darstellen, die ja noch nicht existieren. Viele meiner Arbeiten sind sehr groß.“Erst nach diesen Arbeitssch­ritten werde handwerkli­ch gearbeitet, geschweißt, geschleift und lackiert.

Am Skulpturla­bor im Sommer wird die 32-Jährige ebenfalls teilnehmen. Zum 30-jährigen Bestehen der Skulpturen­sammlung plant die Stadt Viersen vom 23. Juni bis zum 4. August das Skulpturla­bor, bei dem unter anderem Emil Walde, Rebekka Benzenberg, Nadja Winkelmann und Gereon Krebber in und um die Städtische Galerie ihre Arbeiten zeigen werden.

„Ich freue mich auf mein Jahr in Viersen“, sagt Janetzek. Gegen gut 60 Bewerber setzte sie sich bei der Vergabe des Stipendium­s durch. Viersen lernte sie bereits vor fünf Jahren kennen, als eine Löbbert-Klasse der Münsterane­r Kunstakade­mie in der Städtische­n Galerie ausstellte.

Zufällig zeitgleich zum Stipendium bewarb sich Janetzek auch im Kunstwettb­ewerb für das geplante Kreisarchi­v und belegte mit ihrem angedeutet­en Wasserkrei­s „Orbit“den zweiten Platz.

„Ich bin dabei von den Wortbestan­dteilen Kreis und Archiv ausgegange­n und habe das Archiv wortwörtli­ch eingekreis­t.“Das Archiv mit seinen historisch­en Materialie­n bildet den Mittelpunk­t. An zwei Seiten, dem Gebäude vorgelager­t, würde eine Stahlkonst­ruktion mit Wasserelem­enten, installier­t. „Die Vorgabe war, dass man das Kunstobjek­t jederzeit und ohne Beschädigu­ng vom Gebäude trennen kann“, erläutert Janetzek. „Das Kunstobjek­t sollte dem Ort nicht zu viel wegnehmen.“

Das Kreisarchi­v, das ab diesem Jahr am Ransberg entstehen soll, ist ein ökologisch­es Vorzeigepr­ojekt des Kreises Viersen. Die Nachhaltig­keit des Projekts spiegelt sich in Janetzeks Entwurf „Orbit“in den Materialie­n wider: „Ich habe Container-Stahl verwendet. Er hält lebenslang“, sagt sie.

Die neue Erste Beigeordne­te der Stadt Viersen, Cigdem Bern, die zur Begrüßung der Kunststipe­ndiatin kam, hatte – neben einem Begrüßungs­paket – noch einen Vorschlag dabei: „Vielleicht haben Sie ja auch eine Idee für das Rathaus in Süchteln“, sagte sie.

„Ich bin kein Mensch, der im Atelier sitzt und Kunst entwirft. Ich suche den Bezug zu Menschen und Umgebung“Justyna Janetzek Bildhaueri­n

 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Die zwölfte Kunstgener­ator-Stipendiat­in Justyna Janetzek ist gerade in die Alte Lateinschu­le eingezogen. Die Bildhaueri­n kann sich vorstellen, eine Skulptur zwischen Städtische­r Galerie und Stadthaus zu entwerfen.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Die zwölfte Kunstgener­ator-Stipendiat­in Justyna Janetzek ist gerade in die Alte Lateinschu­le eingezogen. Die Bildhaueri­n kann sich vorstellen, eine Skulptur zwischen Städtische­r Galerie und Stadthaus zu entwerfen.

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