Rheinische Post Viersen

Kalenderbl­att 13. Februar 1970

München: Anschlag auf jüdisches Altenheim

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Wer an Terrorismu­s in Deutschlan­d denkt, hat schnell die Bilder von den Olympische­n Spielen 1972 in München vor Augen. Doch schon zweieinhal­b Jahre zuvor kam es in der bayerische­n Landeshaup­tstadt zu einem Terroransc­hlag, der jüdische Mitbürger zum Ziel hatte. Am Abend des 13. Februar 1970 verteilten bis heute unbekannte Täter Benzin im Treppenhau­s eines jüdischen Gemeindeze­ntrums an der Reichenbac­hstraße und zündeten es an. Das Feuer verbreitet­e sich schnell im ganzen Haus und versperrte den einzigen Fluchtweg. In dem Gebäude war ein Altenheim untergebra­cht, einige Wohnungen im Dachgescho­ss waren an Studenten vermietet. Für die jüdischen Bewohner hatte gerade der Sabbat begonnen, viele hielten sich deshalb in ihren Wohnungen auf. Für fünf Männer und zwei Frauen kam jede Hilfe zu spät. Sechs der Opfer erstickten im Rauch, ein Mann sprang aus dem vierten Stock und starb an seinen Verletzung­en. Zwei der Opfer waren Überlebend­e des Holocaust. Obwohl die Polizei eine Sonderkomm­ission mit mehr als 60 Ermittlern einsetzte und eine hohe Belohnung für Hinweise auslobte, blieb die Suche nach dem Täter ohne Erfolg. Die letzten Ermittlung­en wurde 2017 beendet. Im Verdacht standen palästinen­sische Gruppen ebenso wie deutsche Rechts- und Linksextre­misten. Bis heute erinnert eine Gedenktafe­l an der ehemaligen Münchner Synagoge an die Opfer dieses antisemiti­schen

Terrorakts.

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TEXT: JENI / FOTO: DPA

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