Rheinische Post Viersen

12.455 gegen Verkauf von Haus Erholung

Das Bürgerbege­hren hat deutlich mehr Unterschri­ften gegen den geplanten Verkauf gesammelt als benötigt. Jetzt wird geprüft, ob auch genügend Stimmen gültig sind. CDU und SPD wollen die Situation bis Ende März neu bewerten.

- VON ANDREAS GRUHN

GLADBACH Die Liste der Gegner des Verkaufs von Haus Erholung ist lang. Genau 12.455 Unterschri­ften haben die Initiatore­n des Bürgerbege­hrens gegen den Verkauf der Immobilie an einen Hotelinves­tor am Dienstag Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners übergeben. Das sind gut 4000 Unterzeich­ner mehr, als benötigt werden. Allerdings ist noch offen, wie viele Unterschri­ften davon gültig sind. Der Verein „Mehr Demokratie“rät dazu, als Sicherheit­sreserve 20 Prozent mehr Unterschri­ften als benötigt zu sammeln. Dieser Wert ist weit überschrit­ten.

Wie ist das Ergebnis einzuordne­n? Diese Größenordn­ung überrascht­e am Dienstag viele in der Stadt, auch Oberbürger­meister Reiners: „Ich habe großen Respekt davor, wenn sich Bürger so für ihren Standpunkt engagieren, auch wenn ich anderer Meinung bin.“Für die Opposition im Rat aus FDP, Grünen und Linken ist diese Zahl ein Freudenfes­t, für die Große Koalition aus CDU und SPD hingegen ein Warnschuss. Allerdings: Diese Zahl besagt ja noch nicht, dass die Mehrheit der Bürger auch wirklich gegen einen Verkauf ist.

Wie geht’s jetzt weiter? Die Stadtverwa­ltung prüft jetzt bei jeder einzelnen Unterschri­ft, ob sie gültig ist. Das ist dann der Fall, wenn der Unterzeich­ner bei der Kommunalwa­hl wahlberech­tigt ist. Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners sagte am Dienstag bei der Übergabe, dass dies rund drei Wochen dauern könnte. Dann kommt das Bürgerbege­hren am 27. März im Rat auf die Tagesordnu­ng: Die Mehrheit im Rat kann dann dem Begehren folgen und ihren Beschluss vom Oktober 2018 wieder aufheben. Oder aber sie hält daran fest. Dann entscheide­n die Gladbacher Bürger bei einem Bürgerents­cheid. Wenn sich mindestens zehn Prozent der Wahlberech­tigten an der Abstimmung beteiligen und die Mehrheit gegen den möglichen Verkauf ist, dann ist der Ratsbeschl­uss aufgehoben.

Wann könnte ein Bürgerents­cheid sein? Laut Satzung der Stadt soll ein Bürgerents­cheid nach Möglichkei­t zeitgleich mit einer anderen Wahl stattfinde­n. Dafür bietet sich der 26. Mai an, der Sonntag der Europawahl. Dadurch würden auch die Kosten sinken: Rund 245.000 Euro würde es laut Stadt kosten, wenn über beides zusammen abgestimmt würde. Sollte ein Bürgerents­cheid an einem eigenen Termin stattfinde­n, dann kalkuliert das Rathaus mit rund 415.000 Euro Kosten.

Was sagen die Initiatore­n? Jost Fünfstück, Robert Bückmann und Laura Steeger, die Vertretung­sberechtig­ten, hatten beste Laune bei der Übergabe der 16 Kartons voller Unterschri­ften im Rathaus Abtei. „Die Bürger möchten das Haus in städtische­r Hand behalten“, sagte Laura Steeger. Bückmann sagte im Rathaus: „Diese Stimmen sollen uns nicht trennen, sondern vereinen. Wir wollen eine Lösung finden, die uns und den Bürgern gerecht wird, dass der Abteiberg zu einem kulturelle­n Zentrum der Stadt wird.“

Was sagt die Große Koalition? Die Groko ist ins Grübeln gekommen. „Wir werden in den kommenden Wochen in Ruhe überlegen, wie wir damit umgehen“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Felix Heinrichs. „Die Initiatore­n haben viel gesammelt, das müssen wir jetzt neu bewerten und eine Entscheidu­ng treffen.“Hans Peter Schlegelmi­lch, der CDU-Fraktionsv­orsitzende, sagte: „Wir müssen uns für das Anliegen nicht schämen. Es wäre schön gewesen, wenn wir Konzepte bekommen und prüfen können. Jetzt kann ich nicht abschätzen, ob es dazu kommt.“Details aus einem laufenden Vergabever­fahren dürften kaum öffentlich gemacht und diskutiert werden. Das wäre aber nötig für eine inhaltlich­e Debatte um das Hotelkonze­pt am Abteiberg. Mit anderen Worten: Die Große Koalition ist sich nicht sicher, ob es sich überhaupt lohnt, an dem Verkaufsbe­schluss festzuhalt­en. „Was wir nicht wollen, ist, bürger- und lebensfern­e Wirklichke­iten zu schaffen“, sagte Schlegelmi­lch. „Wir werden versuchen, unsere Positionen in der Öffentlich­keit künftig noch besser zu erklären.“

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FOTO: DETLEF ILGNER Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners nimmt Kartonweis­e Unterschri­ften von Laura Steeger, Robert Bückmann und Jost Fünfstück an (v.l.).

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