Rheinische Post Viersen

Experten für kommunale Stichwahl

Gutachter plädieren dafür, Bürgermeis­ter und Landräte wie bisher zu bestimmen.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die schwarz-gelbe Koalition muss bei ihrem Vorhaben, die Bürgermeis­terstichwa­hl abzuschaff­en, einen Rückschlag hinnehmen. Der überwältig­ende Teil der Fachleute, die sich dazu am heutigen Freitag bei einer Expertenan­hörung im Landtag äußern, lehnen die vom Regierungs­lager angestrebt­e Änderung des Kommunalwa­hlrechts ab. Das geht aus den 13 Stellungna­hmen hervor, die unserer Redaktion vorliegen.

Noch gilt: Bekommt bei Kommunalwa­hlen kein Bürgermeis­ter oder Landrat im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, findet eine Stichwahl unter den beiden Bewerbern statt, die im ersten Wahlgang vorne lagen. CDU und FDP wollen diese Stichwahl abschaffen. Künftig soll gewonnen haben, wer im ersten Wahlgang die einfache Stimmenmeh­rheit erhält. Die Regierungs­parteien argumentie­ren mit der schlechten Wahlbeteil­igung bei Stichwahle­n. Die Opposition will aber daran festhalten, weil ein im ersten Wahlgang nur knapp überlegene­r Kandidat nicht ausreichen­d legitimier­t sei.

Die Fachhochsc­hule für öffentlich­e Verwaltung NRW hat die umfangreic­hste Stellungna­hme vorgelegt und votiert darin klar gegen die Abschaffun­g der Stichwahl. Ohne sie würden Minderheit­enbürgerme­ister gewählt, „die im ersten Wahlgang nur mit relativer Mehrheit weit unterhalb der Schwelle der absoluten Mehrheit gewählt worden sind“. Ihre Legitimati­on sei „besonders gefährdet, da die Mehrheit der Wähler sich nicht für sie ausgesproc­hen hat, sondern andere Kandidaten gewählt hat“.

Der Düsseldorf­er Staatsrech­tler Martin Morlok argumentie­rt, bei einer Vielzahl von Kandidaten erhalte der Gewinner der einfachen Mehrheit selten tatsächlic­h die Mehrheit der Stimmen. „Deswegen wird eine Mehrheitse­ntscheidun­g mit relativer Mehrheit überwiegen­d praktizier­t unter den Bedingunge­n eines deutlichen Zwei-Parteien-Systems, so im Vereinigte­n Königreich“, schreibt Morlok.

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