Die Krisen der Welt in einem Münchner Hotel
Bei der 55. Münchner Sicherheitskonferenz steht auch das belastete transatlantische Verhältnis auf der Tagesordnung.
MÜNCHEN Der Saal: so voll wie nie. Die Probleme in der Welt: so viele wie lange nicht mehr. Die Hoffnung auf eine Lösung heikler Krisen: dünn. Wenn Wolfgang Ischinger von Freitag bis Sonntag 35 Staats- und Regierungschefs, 50 Außenminister und 30 Verteidigungsminister zur 55. Münchner Sicherheitskonferenz versammelt, steht es schlecht um Frieden, Freiheit und Sicherheit.
Umso wichtiger wird das Gespräch auf dem Podium und in den Hinterzimmern des hermetisch abgeschirmten Bayerischen Hofs. Dabei kann sich Ischinger freuen: Das jährliche Treffen ist mittlerweile derart gefragt, dass er den Konferenzsaal zwei- und dreimal füllen könnte. Sogar Israelis und Iraner schaffen es unter ein Hoteldach, auch wenn sie ein gemeinsames Podium nach wie vor meiden. Für Ischinger ist diese 55. Auflage „die wichtigste und größte“in der Geschichte der Veranstaltung – sowohl wegen der Teilnehmerzahl als auch den Inhalten nach.
Auch Kanzlerin Angela Merkel betonte die Bedeutung der Konferenz und will ihren Auftritt am Samstag dazu nutzen, die multilaterale Weltordnung zu stärken, die spätestens seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump infrage gestellt wird. Der wiederum schickt seine Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, aber auch Vize-Präsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo. Merkel muss nach der Absage von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, mit dem sie über Europas Rolle in der Welt diskutieren sollte, diesen Part nun alleine bestreiten.
Deutschland, das für zwei Jahre einen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat, hat sich bereit erklärt, für eine regelbasierte Weltordnung mehr Verantwortung zu übernehmen, wie es 2014 schon Bundespräsident Joachim Gauck und der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier befunden hatten. Konferenzchef Ischinger sieht Deutschland wie auch die EU auf dem richtigen Weg. Aber: „Die Bilanz ist ordentlich, sie ist nicht großartig, aber wir bewegen uns mit einer gewissen Langsamkeit in die richtige Richtung.“
Erfreut ist Ischinger, dass die USA mit einer großen Delegation in München vertreten sein werden. Es hätten sich derart viele Mitglieder des US-Kongresses angemeldet, dass es schwierig sei, alle unterzukriegen. Auch die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Demokration Nancy Pelosi, will ihre Sicht auf die Weltlage erläutern. Alles andere als ein Bekenntnis der USA zum transatlantischen Verhältnis würde Ischinger überraschen. Er erwarte zumindest „keine neuen Erschütterungen“. Allerdings werde Vizepräsident Pence wohl Trumps „Unzufriedenheit“darüber über die Bundesregierung zum Ausdruck bringen, die unverändert weit vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato entfernt sei. „Da darf sich die Bundesregierung warm anziehen“, so Ischinger. Andererseits hofft der Konferenzchef, dass „der massive Auftritt“von US-Abgeordneten in München „für eine gewisse Beruhigung“in der aufgewühlten transatlantischen See führen könnte.