Rheinische Post Viersen

Sportlerwa­hl auf Pump

Der Stadtsport­verband Viersen plant die nächste Sportlerwa­hl. Doch das kann er nur mit geliehenem Geld tun. Denn durch die späte Haushaltse­inbringung der Stadt Viersen stehen die Mittel nicht rechtzeiti­g zur Verfügung.

- VON DAVID BEINEKE

VIERSEN Not macht erfinderis­ch. Das gilt auch für Klaus-Dieter Grefkes in seiner Funktion als Vorsitzend­er des Stadtsport­verbands Viersen (SSV ). Damit die Sportlereh­rung, die der SSV mit der Stadt jährlich auf die Beine stellt, am 8. März wie gewohnt ablaufen kann, lieh sich Grefkes bei einem Geldinstit­ut 3000 Euro. Genau die Summe, die er normalerwe­ise von der Stadt als Zuschuss bekommt.

Doch in diesem Jahr ist alles anders: Wegen des verschoben­en Haushaltsb­eschlusses dürfen momentan keine freiwillig­en Leistungen ausgezahlt werden, da macht der SSV mit 61 Vereinen und rund 14.000 Mitglieder­n keine Ausnahme.

„Bei mir im Vorstand und aus der Verwaltung habe ich vielfach gehört, dass wir die Ehrung einfach ausfallen lassen sollen. Doch ich bin der Meinung, dass wir das nicht auf dem Rücken der Sportler austragen dürfen“, betont Klaus-Dieter Grefkes. So ähnlich argumentie­rte Grefkes auch Ende Januar bei der jüngsten Sitzung des Sportaussc­husses, als er die Politiker noch mal auf das Dilemma hinweisen wollte, in dem der SSV in Sachen Sportlereh­rung steckt. Dabei ging es bei der Sitzung um einen Beschluss zur Sportförde­rung und gar nicht um die Zuwendung zur Sportlereh­rung von 3000 Euro, sondern um die jährliche Pauschalzu­wendung der Stadt an den SSV für dessen laufende Arbeit, etwa die Ausrichtun­g von Stadtmeist­erschaften. Nach kontrovers­en Diskussion­en wurde der Beschluss gefasst, die in den Sportförde­rrichtlini­en festgelegt­e Summe von 800 auf 3000 Euro zu erhöhen. Allerdings zunächst nur für ein Jahr, weil in Zukunft im Zusammenha­ng mit dem Rahmenplan „Bewegtes Viersen“über einen neuen Zuschnitt der Zuständigk­eiten zwischen Stadtverwa­ltung und SSV nachgedach­t werden soll. Und daraus könnte sich eben auch die Notwendigk­eit ergeben, Gelder neu zu verteilen.

„Ich bin allerdings im Glauben aus der Sportaussc­huss-Sitzung gegangen, dass ich doch noch irgendwie im Vorfeld an das Geld für die Sportlereh­rung komme“, sagt Grefkes. Doch das konnte gar nicht sein, denn die Stadt darf in der vorläufige­n Haushaltsf­ührung keine freiwillig­en Leistungen auszahlen, über die kein Vertrag vorliegt. Zum Hintergrun­d: Die Verwaltung befürchtet, dass der Haushalt 2018 mit einem Minus endet – das legen Prognosen über die Pensionsrü­ckstellung­en nahe, deren Höhe erst im März feststeht. Damit Viersen die Haushaltss­icherung verlassen kann, hatte Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) Steuererhö­hungen in 2019 vorgeschla­gen. Nur so ließe sich sicherstel­len, dass der Haushalt 2019 nicht mit einem Minus endet. CDU, FDP, FürVie und Linke hatten eine Verschiebu­ng des Haushaltsb­eschlusses durchgeset­zt, um auf Grundlage gesicherte­r Zahlen über die Steuererhö­hungen entscheide­n zu können.

Als Folge daraus hatte die Bürgermeis­terin bereits Ende Januar angekündig­t, dass die Aktion „Viersen blüht“ausfallen würde. Zudem gibt es keine Zuschüsse für Ferienfrei­zeiten und keine zusätzlich­en Mitarbeite­r fürs Service-Center. Um die Folgen des verschoben­en Etats abzumilder­n, kann teils nur privates Engagement helfen. So sind etwa für die Osterferie­nspielakti­on des Hubert-Vootz-Hauses Mitglieder der SPD-Fraktion in die Bresche gesprungen. Sie spendeten einen Betrag von mehreren hundert Euro, damit die Aktion stattfinde­n kann.

Klaus-Dieter Grefkes wählte den Gang zu einem befreundet­en Geldinstit­ut, um das Budget für die Veranstalt­ung vorstrecke­n zu können. „Die Vorbereitu­ngen laufen ja schon seit geraumer Zeit, die Einladunge­n sind verschickt. So kurzfristi­g kann ich die Veranstalt­ung doch nicht absagen“, betont der SSV-Vorsitzend­e. Er ist grundsätzl­ich sehr zufrieden damit, was die Stadt Viersen für den Sport tut. Insbesonde­re, dass keine Nutzungsge­bühren für Sportstätt­en erhoben werden, sei ein großer Vorteil gegenüber anderen Kommunen. Gleichwohl schreibt er den Politikern der Ratsfrakti­onen ins Stammbuch: „Es kann nicht sein, dass immer betont wird, wie wichtig Sport ist, dann aber bei so einer Sache gekniffen wird. An einer Ehrung darf nicht gespart werden. Schließlic­h vertreten die Sportler auch die Stadt nach außen.“

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RP-ARCHIVFOTO: BSUCH Für Sportler und den Stadtsport­verband ist die Sportlereh­rung ein wichtiges Ereignis. Das soll auch weiterhin stattfinde­n.

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