Ein Rendezvous mit 170 Büchern
Zu einem ungewöhnlichen Blind Date hatte die Albert-Vigoleis-Thelen-Bibliothek für den Valentinstag eingeladen. Verpackte Bücher mit Schokolade warteten darauf, von Liebhabern entdeckt zu werden.
VIERSEN Am Valentinstag eine neue Liebe finden: Das konnten Buchliebhaber am Donnerstag in der Albert-Vigoleis-Thelen-Bibliothek. Ein ungewöhnlicher Anblick dort: Dicht an dicht lagen in Zeitungspapier verpackte Bücher auf den aneinandergeschobenen Tischen im Foyer. Auf jedem Buch klebte eine weiße Karte mit einem Stempel, der ein Mädchen mit Büchern oder ein Herzen zeigte, und Sätze, die auf den Inhalt des literarischen Paktes neugierig machten.
„Der Brief, der alles verändern sollte, kam an einem Dienstag“, war dort zu lesen. Oder die Aussage: „Für den größten Teil des Abendlandes war der schreckliche Winter im Jahr 1284 eine Katastrophe“. Ein Stückchen weiter lautete die schlichte Frage „Wie wäre es mit einem Teekessel?“. Doch zum Valentinstag gab es nicht nur Literatur, sondern auch Süßigkeiten. Auf jeder Karte klebte eine kleine Schokoladentafel, von zarter Vollmilch bis zu knackigen Knusperflakes war alles dabei.
Stichworte wie „Heiteres“, „Spannung“, „Liebe“, „Historisches“und „Science Fiction“gaben Hinweise zum Buchinhalt. „Einige Bücher kann man nicht so einfach einem Genre zuordnen. Daher gibt es Exemplare ohne Aufkleber“, sagte Elke Kaufmann. Die Betreuerin vom Lektorat Romane der Bibliothek stand gespannt neben den Tischen und beobachtete die Besucher.
Mit neugierigen Mienen schlenderten Büchereinutzer an den Tischen vorbei, nahmen ein Exemplar in die Hand, lasen den Satz und drehten das Werk in den Händen. Doch alle waren derart gut verpackt, dass kein Blick auf den Titel möglich war – Überraschung beim „Blind Date“.
Für den Valentinstag hatte sich das Bücherei-Team etwas Ungewöhnliches einfallen lassen. Die Besucher waren zu einem Blind Date mit Buch eingeladen. „Eine Kollegin kannte eine solche Aktion von einer anderen Bibliothek. Wir dachten uns, das wäre auch mal etwas für Viersen und haben den Versuchsballon gestartet“, sagte Kaufmann. Das Team hatte die Lektüre ausgesucht, verpackt, die Karten gestempelt, beschriftet , mit Schokoladentafel sowie Aufkleber versehen.
Das erste Buch hatte bald eine Interessentin gefunden. „Wer auch immer sich den Spruch ,Das Leben ist kein Wunschkonzert’ ausdachte, der hat keine Ahnung davon, wie mein Leben gerade ist“, war auf der weißen Karte zu lesen. Der gelbe Aufkleber verweiste auf „Heiteres“, dazu gab es eine Schokoladentafel in Halbbitter. „Der Satz hat mich irgendwie angesprochen. Bei mir ist im Leben auch viel passiert und da passt die Aussage“, erzählte die Leserin, die ihren neuen Schatz in der Hand hielt. Sie wollte gerne Heiteres zur Entspannung lesen. Dass gerade Halbbitter als Schoki darauf klebte, habe bestimmt etwas zu bedeuten. Die Bücher-Freundin war extra wegen des Blind Dates am Valentinstag in der Bibliothek. Ob sie es allerdings schaffte, das Buch erst zu Hause aufzumachen oder die Neugierde überwog und sie vorher nachschaute, das konnte sie noch nicht sagen.
Auch das Ehepaar Ingeborg und Peter Voigt hatte die Bücher-Liebe-Aktion zum Büchereibesuch am Valentinstag gelockt. Langsam schlenderten die beiden an den Tischen entlang. „Es ist eine tolle Aktion. Wir wollen uns wirklich überraschen lassen und werden unsere beiden Bücher daheim aufmachen und dann in aller Ruhe anfangen zu lesen“, sagte Ingeborg Voigt. Es sei eine interessante Veranstaltung, schloss sich Martina Böker an: „Man nimmt dadurch vielleicht ein Buch mit, das man sonst nie mitgenommen hätte. Ich finde es richtig spannend.“Sie hatte „Heiteres“mit Vollmilch in ihre Tasche gepackt und freute sich darauf, das Paket daheim auszuwickeln.
Jeder Nutzer konnte ein verpacktes Buch mitnehmen. Beim Scannen an der Ausleihe gab es keine Probleme. Dank der Technik konnte der Code durch das Zeitungspapier erkannt werden.
Keiner der Ausleiher wollte dabei vorher auf das eigene Ausleihkonto schauen. So hätte er erfahren, was er ausleiht – und die Vorfreude wäre dahin gewesen.
Auf den Tischen wurde es langsam aber sicher leerer. 170 Bücher waren es insgesamt, die das Büchereiteam verpackt hatte. „Es war schon viel Arbeit. Aber die Begeisterung, mit der die Aktion aufgenommen wird, motiviert zu einer Wiederholung. Wir könnten uns vorstellen, die Aktion zur Ferienzeit zu wiederholen. Unsere Nutzer hätten dann die Möglichkeit, mit einer Überraschung in die Ferien zu starten“, sagte Kaufmann.
„Wir wollen uns wirklich überraschen lassen und die Bücher erst zu Hause auspacken“Ingeborg und Peter Voigt Bücherei-Nutzer