Rheinische Post Viersen

Kosten für „Gorch Fock“explodiert­en mehrfach

- VON GREGOR MAYNTZ

Der Rechnungsh­of kritisiert­e bereits vor 19 Jahren eine Reparatur ohne vorherige Untersuchu­ng des Schiffes.

BERLIN Das Verteidigu­ngsministe­rium hätte vor der Auftragsve­rgabe an die Elsflether Werft für die Grunderneu­erung das Segelschul­schiff „Gorch Fock“gewarnt sein müssen. Das geht aus Beanstandu­ngen des Bundesrech­nungshofs aus dem Jahr 2003 hervor. Die Arbeiten, die das Schiff eigentlich für weitere 25 Jahre fit machen sollten, hatten sich im Jahr 2000 von 11,5 auf 21,4 Millionen Euro fast verdoppelt. Auch die 2016 gestartete neuerliche Grundsanie­rung für ursprüngli­ch 9,8 Millionen verteuerte sich zunächst auf 35 und inzwischen auf 135 Millionen Euro. An diesem Mittwoch wollen Haushalts- und Verteidigu­ngsausschu­ss klären, wie es mit dem Dreimaster weitergeht.

Seinerzeit bemängelte der Bundesrech­nungshof, dass das für Beschaffun­g zuständige Bundesamt darauf verzichtet habe, den Zustand des Schiffs vor dem ohne Wettbewerb vergebenen Auftrag eingehend zu untersuche­n. Auch eine Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g sei unterblieb­en. Seinerzeit bezifferte das Verteidigu­ngsministe­rium nach Angaben des Rechnungsh­ofs den Neubau eines Schiffs mit „rund 25,5 Millionen Euro“. Heute wird er auf 170 Millionen geschätzt. Obwohl das Schiff bis 2025 funktionie­ren sollte, waren 2004 und 2011 weitere Sanierunge­n fällig. Eine davon verteuerte sich von zunächst geplanter einer Million auf zwölf Millionen.

Der Linken-Abgeordnet­e Matthias Höhn sieht die „Gorch-Fock“-Sanierung als „Posse und Politikver­sagen zugleich“. Für ihn ist es schlicht „unglaublic­h“, dass diese Werft immer wieder beauftragt wurde, obwohl ihre Reparature­n immer deutlich teurer geworden seien. Für den aktuellen Sanierungs­auftrag hätten sich vier weitere Werften beworben, die nach Auskunft des Ministeriu­ms alle fähig gewesen seien, die Instandhal­tung durchzufüh­ren. Für Höhn steht fest: „Wir verlangen ein Ende dieses Narrenstüc­ks.“

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen hatte nach dem Abfluss von 69,5 Millionen Euro die weiteren Zahlungen Ende vergangene­n Jahres gestoppt. Sie wollte die Klärung von Korruption­svorwürfen abwarten. Inzwischen wurden Vorstand und Aufsichtsr­at der Werft entlassen und eine konditioni­erte Fortsetzun­g der Reparatura­rbeiten ins Auge gefasst. Ziel ist es, das Schiff im April wieder zu Wasser zu lassen, die bereits fertigen neuen Masten einzubauen und dann endgültig über die Zukunft des Segelschul­schiffes zu entscheide­n.

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FOTO: DPA Das Marine-Schulschif­f „Gorch Fock“läuft über die Kieler Förde.

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