Chefs müssen über Urlaub aufklären
Ein Grundsatzurteil stärkt die Arbeitnehmer. Sie sollten ihre Urlaubsansprüche prüfen.
ERFURT (dpa) Nicht beantragte Urlaubstage verfallen nicht automatisch. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und damit europäisches in nationales Recht gegossen. Das Grundsatz-Urteil hat nach Einschätzung von Experten weitreichende Folgen.
Worum ging es vor dem Bundesarbeitsgericht?
Die Erfurter Richter mussten die Frage klären, ob und wie umfassend Arbeitgeber Angestellte vor dem Verfall von Urlaubsansprüchen warnen müssen. Zudem standen sie vor der Aufgabe, das Bundesurlaubsgesetz neu auszulegen. Denn im November hatte der Europäische Gerichtshof bei dem Thema die Grundlinien zu dem Thema vorgegeben.
Was war der Anlass für die Grundsatzentscheidung?
Geklagt hatte ein Wissenschaftler, der 51 Tage Urlaub aus mehreren Jahren bezahlt haben möchte, den er bis zum Ende seines Arbeitsvertrages nicht mehr genommen hatte. Beklagte ist die Max-Planck-Gesellschaft München, bei der der Wissenschaftler nach den Tarif-Regeln des Öffentlichen Dienstes angestellt war.
Wie haben die Richter entschieden? Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten künftig auffordern, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen, und darauf aufmerksam machen, dass er sonst verfällt. Unternehmen müssen ihre Angestellten „klar und rechtzeitig“auf nicht genommenen Urlaub hinweisen. Offen ließen die Richter, ob der Urlaubsanspruch verjähren kann. Was bedeutet das für Arbeitnehmer? Der Tübinger Arbeitsrechtler Hermann Reichold nennt das Urteil arbeitnehmerfreundlich. Auch ein Sprecher des BAG machte klar: „Arbeitnehmer können jetzt prüfen, ob sie vielleicht doch noch Anspruch auf Urlaub haben, von dem sie dachten, er sei verfallen.“
Welche Folgen hat das Urteil für Arbeitgeber?
„Für Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung auf jeden Fall erheblich mehr Aufwand“, sagte Reichold. Die Erfurter Richter ließen zudem offen, wie oft Arbeitgeber ihre Beschäftigten informieren müssen. „Die sicherste Variante dürfte wohl sein, einfach mit der Lohnabrechnung monatlich zu informieren“, sagte BAG-Sprecher Klose.
Wie hatten die Luxemburger Richter des EuGH entschieden? Arbeitnehmer müssen durch angemessene Aufklärung in die Lage versetzt werden, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen, entschieden die Luxemburger Richter.