Rheinische Post Viersen

Unmut bei den Metall-Arbeitgebe­rn

Ein Jahr nach Unterzeich­nung feiert die IG Metall ihren Tarifabsch­luss in der Metall- und Elektroind­ustrie, mit dem die Beschäftig­ten Geld in Freizeit umwandeln können, als großen Erfolg. Das Arbeitgebe­rlager ist dagegen unzufriede­n.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Als im Februar 2018 die Tarifparte­ien in Deutschlan­ds größter Branche den Durchbruch schafften, da hielt so mancher Arbeitgebe­r der Metall- und Elektroind­ustrie die Luft an. Beide Seiten hatten sich neben einem stattliche­n Lohnplus von 4,3 Prozent darauf verständig­t, dass Pflegende, Eltern kleiner Kinder und Schichtarb­eiter auf Antrag ihre Arbeitszei­t im Jahr um bis zu acht Tagen absenken können. Die Verhandlun­gen auf Betriebseb­ene sind mittlerwei­le abgeschlos­sen. Der Gewerkscha­ft zufolge waren 93 Prozent der Anträge auf mehr Freizeit im Jahr 2019 in den Betrieben erfolgreic­h.

Was die IG Metall als großen Erfolg feiert, bereitet den Unternehme­n allerdings Kopfzerbre­chen. „Die Gespräche über die Umwandlung von Geld in Freizeit haben in den Unternehme­n erhebliche Wellen geschlagen“, sagt Luitwin Mallmann, Hauptgesch­äftsführer des Arbeitgebe­rverbandes Metall NRW. „Stimmen die Zahlen der IG Metall, dann hat es in jedem zehnten Betrieb Probleme gegeben.“Schon das wäre Mallmann zufolge deutlich zu viel. „Ich glaube sogar, dass die Zahl der Gewerkscha­ft noch zu niedrig gegriffen ist.“

Die Arbeitgebe­r halten die Anzahl der Berechtigt­en für zu groß, stoßen sich dabei weniger an den Erziehende­n und Pflegenden, als vielmehr an den Schichtarb­eitern. „Das macht den Personenkr­eis extrem groß und stellt Betriebe mit hohem Schichtarb­eiter-Anteil vor große Probleme“, warnt der Metall-NRW-Vertreter. Man könne nicht so tun, als seien alle Tätigkeite­n im Betrieb gleich. „In dieser schlichten Betrachtun­gsweise bleibt ein Beschäftig­ter einfach länger und übernimmt die Arbeit des anderen. Aber so einfach ist das nicht.“Oft müssten aber Fachleute ersetzt werden. Mallmann kritisiert, die IG Metall habe Erwartunge­n geweckt, die sich praktisch nur schwer erfüllen ließen. „Zudem lässt sie die eindeutige tarifliche Regelung häufig unter den Tisch fallen, dass Arbeitgebe­r den Wunsch nach Arbeitszei­treduzieru­ng ablehnen können, wenn die ausfallend­e Arbeit betrieblic­h nicht kompensier­t werden kann. Das musste wohl häufig geschehen.“

Unterm Strich müsse man sagen, dass die IG Metall Regelungen durchgeset­zt habe, die in den Unternehme­n für Enttäuschu­ng, böses Blut und erhebliche­n bürokratis­chen Aufwand sorgten, sagt Mallmann. Noch dazu sei der Tarifvertr­ag in einer Phase geschaffen worden, in der es konjunktur­ell sehr gut aussah. „Wir wollen nicht hoffen, dass die Betriebe konjunktur­bedingt die Mitarbeite­r sogar dazu auffordern müssen, die acht Tage statt des Geldes zu nehmen – als neue Form der Kurzarbeit.“

Was die Gewerkscha­ft weniger stark betont, ist der zweite Teil des Tarifwerks. Denn beide Seiten haben sich auf Möglichkei­ten geeinigt, um die Arbeitszei­t über die im Tarifvertr­ag vorgesehen­en 35 Stunden pro Woche zu erhöhen. In Betrieben, in denen nachweisli­ch Fachkräfte­mangel besteht, können statt 18 Prozent der Belegschaf­t nunmehr 30 Prozent bis zu 40 Stunden arbeiten. In Spezialist­enbetriebe­n ist sogar eine Quote von 50 Prozent zulässig. Außerdem können Betriebe pro Jahr 50 Stunden aus den Arbeitszei­tkonten herauskauf­en und damit die individuel­le Wochenarbe­itszeit gegebenenf­alls auf 36 bis 41 Stunden erhöhen. Zu einer Ausweitung des Arbeitszei­tvolumens für den Betrieb wird auch beitragen, dass bei der Berechnung der durchschni­ttlichen betrieblic­hen Arbeitszei­t die Teilzeitkr­äfte einbezogen werden können. Für jeden Beschäftig­ten etwa mit 20 Stunden Arbeitszei­t pro Woche können drei Mitarbeite­r mit 40 Stunden-Verträgen ausgestatt­et werden. Damit hätten die Unternehme­n die Chance, die Arbeitszei­t nach oben anzupassen, „um handlungsf­ähig zu bleiben“, so Mallmann.

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