Rheinische Post Viersen

Die etwas andere Wohngruppe

In einer Wohngemein­schaft in Schwalmtal-Waldniel leben mehrere Menschen mit Demenz zusammen. Ihre Angehörige­n haben sich gemeinsam organisier­t, um ihnen ein familiäres Umfeld bieten zu können.

- VON BIRGIT SROKA FOTO: BIRGIT SROKA

SCHWALMTAL Das Haus am Kaiserpark in Waldniel ist mehr als ein normales Wohnhaus. Dort leben in acht Zimmern demente Menschen, deren Angehörige sich zusammenge­schlossen haben, um ihre Lieben in einem angenehmen Umfeld betreuen zu lassen. Es geht familiär zu. Jeder Bewohner hat ein gemütliche­s Zimmer für sich allein mit einem eigenen Bad. Die Zimmer sind sehr persönlich mit den eigenen Möbeln und Bildern eingericht­et. Ein freundlich­er Wohnraum mit einem großen Esstisch lädt ein, hier gemeinsam Zeit zu verbringen. Die große Fensterfro­nt gibt einen ungehinder­ten Blick in den Garten, wo auch ein Hühnerstal­l steht. Viel Freude macht es den Bewohnern, wenn die Hühner frische Eier gelegt haben und diese eingesamme­lt werden können. Diverse Sitzgelege­nheiten im Wohnzimmer bieten genug Platz, wenn die Angehörige­n zu Besuch sind. Jeder Bewohner entscheide­t selbst, ob er sich in seinen Raum zurückzieh­en möchte oder gemeinsam mit den anderen Bewohnern Zeit verbringen möchte.

„Die Angehörige­n müssen bereit sein, sich mit einzubring­en“, sagt Simone Kügeler, Sprecherin der Angehörige­n. „Wir sind eine selbstorga­nisierte Demenzwohn­gemeinscha­ft. Das bedeutet, es ist keine Einrichtun­g. Die Angehörige­n organisier­en hier alles selbst.“Gemeinsam wird gekocht, jeder der möchte, bringt sich dabei mit ein, etwa beim Kartoffels­chälen, Gemüse putzen oder beim Tischdecke­n. Die offene Küche grenzt direkt an das Wohn- und Esszimmer, das Zentrum der WG.

Gemeinsam kümmert sich die Angehörige­ngruppe um das Haushaltsg­eld, entscheide­t über notwendige Anschaffun­gen und auch darüber, wer hier einziehen kann. Aktuell ist ein Zimmer in der Wohngruppe frei. „Es gibt zwar eine Warteliste, aber die Familien der dementen Angehörige­n entscheide­n selbst, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, hier einzuziehe­n“, erklärt Simone Kügeler.

Sie betont, dass man sich frühzeitig Gedanken machen müsse, wie die Betreuung eines dementen Angehörige­n aussehen soll. „Wenn die Kinder oder Partner langsam an ihre eigenen Grenzen kommen, ist der richtige Zeitpunkt“, so die Sprecherin. „Man kann von heute auf morgen einziehen. Schöner ist jedoch, zunächst mal zu einem Besuchsnac­hmittag vorbeizuko­mmen, damit eine Integratio­n stattfinde­n kann.“

Die Miete und die Hauswirtsc­haftskoste­n werden von der Gruppe selbst getragen. Ein großer Teil für die Betreuungs­kosten wird von der Pflegekass­e übernommen. Auch die Pflegekost­en werden ebenfalls auf diesem Weg finanziert. Eine 24-Stunden-Betreuung steht neben dem von den Angehörige­n gewählten Pflege- und Betreuungs­dienst den Menschen in der Wohngruppe zur Seite.

Geschulte Betreuungs­kräfte des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) sind tagsüber in der Wohnung, nachts gibt es ein festes Team des ASB, das in Notfällen sofort reagieren kann. Meist sind dies gelernte Krankensch­western oder Pfleger. Die Betreuungs­kräfte tragen es auch mit, falls sich der Zustand eines Bewohners im Laufe der Zeit bis zur Schwerstpf­legebedürf­tigkeit verschlech­tert. Mit etwa 2000 Euro müssen die Angehörige­n monatlich

an Kosten dennoch rechnen, die privat zu tragen sind.

Die Angehörige­n treffen sich viermal im Quartal, dabei ist auch immer jemand vom Betreuungs­dienst mit anwesend. Es werden Ausflüge organisier­t. Jeden Tag gibt es ein gemütliche­s Beisammens­ein mit Kaffee und Gebäck. Ein Sonntagsdi­enst besucht die Bewohner, beispielsw­eise um zusammen Bingo zu spielen. Kleine Spaziergän­ge werden mit einzelnen Personen unternomme­n, die Begleitung zum Frisör wird geplant. „Es hat sich eingebürge­rt, dass die Angehörige­n jeweils ein- bis zweimal mit hier sind und Zeit mit ihren Lieben verbringen“, sagt Simone Kügeler erfreut.

„Diese Wohnform ist mittlerwei­le sehr beliebt. Vor allem, weil sie für Damen und Herren gleicherma­ßen geeignet ist“, so die Sprecherin Simone Kügeler. Wer sich für die Wohngruppe interessie­rt, kann unter der Telefonnum­mer 02163 577444 Kontakt zu der Demenz-Wohngruppe aufnehmen.

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Das Zentrum der Demenzwohn­gruppe in Waldniel ist das Wohn- und Esszimmer. Direkt daran grenzt die offene Küche, in der gemeinsam gekocht wird.

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