Der moralische Rundfunk
Der Sprach-Leitfaden der ARD ist dreist. Zur erregten Systemkritik aber taugt er nicht.
Haben Sie schon mal was von Framing gehört? Nein? Kennen Sie aber sicher trotzdem. „Demokratieabgabe“als freundliches Synonym für Rundfunkgebühren ist ein Beispiel, „Staatsfunk“als unfreundliches Synonym für die Öffentlich-Rechtlichen ein anderes. Womit wir beim Thema wären: Die ARD steht für ein „Framing-Manual“von 2017 in der Kritik, das der Blog Netzpolitik.org veröffentlicht hat. Das Handbuch ist ein Leitfaden (intern und unverbindlich, sagt die ARD), wie man über den eigenen Laden und die Konkurrenz reden soll. Über „gemeinsamen, freien Rundfunk ARD“etwa, „Informationschaos“dagegen im Internet und privates „Kommerzfernsehen“, oder auch gleich: „medienkapitalistische Heuschrecken“. Durch Sprache werden Rahmen, eben Frames, gesetzt, die eine Deutung schon nahelegen. Oder wie es im Handbuch heißt: Kommunikation „immer in Form von moralischen Argumenten“. Kommunikation allein auf moralischer Ebene aber geht nicht ohne Diskreditierung des Gegenübers. Und man kann den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch sehen, ohne ein Feind der Demokratie zu sein. Im Fall des Handbuchs kommen zwei Dinge hinzu: die selbstverständliche Dreistigkeit der Diffamierung und der Mangel an Transparenz. Kosten (120.000 Euro) und Hintergründe machte die ARD erst nach und nach publik.
Dabei ist Framing grundsätzlich nichts Verwerfliches – politische Kommunikation funktioniert nun mal so. Jeder betreibt Framing, vom Werbetexter über den Wutbürger bis zum Politikjournalisten, ob er es weiß oder nicht. Wissen aber hilft immer. Daher ist es gut, wenn über Kommunikationsstrategien geredet wird, über Framing wie über unseren öffentlichen Sprachgebrauch. Das schärft das Bewusstsein dafür, wie Politik gemacht wird. Und dafür, was man besser lässt.