Rheinische Post Viersen

Tech-Konzerne erobern die Klassen

Firmen wie Apple buhlen um die Arbeitnehm­er und Konsumente­n von morgen.

- VON DANIEL FIENE

KÖLN 10.000 Besucher werden bis Samstag bei der internatio­nalen Bildungsme­sse Didacta in Köln erwartet. 900 Aussteller präsentier­en dabei ihre Neuheiten. Im Mittelpunk­t: die Digitalisi­erung. Während in den vergangene­n Jahren eher in schnelle Internet-Anschlüsse und Hardware in den Klassenräu­men investiert wurde, geht es jetzt darum, wie die neue Infrastruk­tur im Unterricht genutzt werden kann. „Digitale Technik allein macht noch keinen besseren Unterricht“, sagt der Präsident des Didacta-Verbands, Wassilios Fthenakis. „Wir benötigen geeignete pädagogisc­h-didaktisch­e Konzepte, die den sinnvollen Einsatz neuer Technik überhaupt ermögliche­n.“Diese Lücke nutzen verstärkt Technik-Konzerne wie Google, Microsoft, Facebook oder Apple.

Besonders der iPad-Hersteller hat sich früh in Stellung gebracht, um Eltern und Lehrern Lernmateri­alien zur Verfügung zu stellen. Ganz uneigennüt­zig ist das Engagement nicht: Die Konzerne kurbeln so nicht nur ihre Hardware-Verkäufe an, sondern gewöhnen die Berufstäti­gen von morgen an ihre Programme und Plattforme­n. Deswegen geht es nicht nur um das Erlernen von Programmie­ren. Daten der Europäisch­en Kommission zeigen, dass neun von zehn zukünftige­n Arbeitsplä­tzen digitale Fähigkeite­n erfordern, wobei 15 Prozent der Jugendlich­en jedoch nicht über grundlegen­de digitale Fähigkeite­n verfügen.

Bisher haben mehr als 100.000 Eltern und Lehrer in Europa das Lernmateri­al des Apple-Programms „Jeder kann kreativ sein“herunterge­laden – darunter Gymnasien in Düsseldorf und Köln. Auch die Privatschu­le Villa Wewersbusc­h in Essen nutzt die Inhalte im Unterricht. Die Erfahrunge­n der ersten Projektarb­eiten seien so gut, dass die Schule in Zukunft mit Unternehme­n aus der Nachbarsch­aft zusammenar­beiten möchte. So könnten die Schüler ein Werbekonze­pt für ein Café entwickeln. „Wir müssen den Schülern nicht nur Kompetenze­n eines Konsumente­n beibringen, sondern sie auch zu Produzente­n machen“, erklärt Lehrer Felix Kolewe.

Das bedeutet auch ein Umdenken für Lehrer. „Wir müssen Gelegenhei­ten schaffen, damit die Schüler nicht nur auf die nächste Note hinarbeite­n, sondern sich daran gewöhnen selbststän­dig Probleme zu lösen“, erklärt Sabine Marsch, Schulleite­rin der Freien Schule Anne-Sophie in Berlin. Allerdings gebe es auch Grenzen. „Es können nicht immer weitere Inhalte in die Lehrpläne gepackt werden, es müssen auch mal Inhalte gestrichen werden“, kritisiert Marsch.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Eine Lehrerin schreibt an eine Schultafel im Mathematik­unterricht einer 8. Klasse und nutzt dabei ein Tablet.

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